Die aktuell am drittbesten klassierte Schweizerin Lulu Sun kehrt Swiss Tennis den Rücken – und wechselt per sofort zu Neuseeland. Weil das Angebot schlicht zu lukrativ war.
Das steckt hinter Lulu Suns Korb für die Schweiz
Ihren furiosen Jahresstart mit ihrer Grand-Slam-Premiere an den Australian Open bejubelt Lulu Sun (22) noch unter Schweizer Flagge – nun ist die Genferin weg. Das Buhlen des neuseeländischen Verbands um die Linkshänderin ist seit Ende des letzten Jahres nie abgebrochen. Jetzt hat sich die gebürtige Neuseeländerin mit multikulturellem Hintergrund – ihre Mutter ist Chinesin, ihr Vater Kroate – definitiv für jenes Land entschieden, in dem sie die ersten fünf Jahre ihres Lebens verbrachte.
Sechs Jahre nach der Baslerin Rebeka Masarova (24), die nach Spanien wechselte, springt Swiss Tennis ein weiteres Talent ab. Sun, die nach dem Verlassen von Neuseeland zunächst nach Florida zog, um mit acht Jahren zwecks einer guten Schulbildung an den Genfersee überzusiedeln, war jahrelang vom Schweizer Verband unterstützt worden. Ihre Fortschritte waren zuletzt deutlich erkennbar. Nebst ihrem Grand-Slam-Debüt vom Januar ist sie als Nummer 151 der Welt aktuell auch so gut klassiert wie noch nie. Im Schweizer Vergleich steht sie dadurch hinter Belinda Bencic (26, WTA 57) und Viktorija Golubic (31, WTA 72) am drittbesten da.
Olympia-Ticket winkt
Sun wäre zu einer echten Option fürs Billie-Jean-King-Cup-Team von Heinz Günthardt (65) herangewachsen. Doch statt für die Schweiz (gegen Polen), läuft Sun nun im April bereits für die «Kiwis» in China auf. «Sie wäre eine Verstärkung fürs Team gewesen, kurzfristig – und womöglich noch mehr langfristig», sagt Günthardt, der in den letzten Wochen sowohl mit der Spielerin selbst als auch mit ihrem Vater im Austausch stand.
Sun entschied sich trotzdem für Neuseeland, das ihr dem Vernehmen nach ein Angebot auftischte, das zu gut war, um es abzulehnen. Sie ist in ihrem Geburtsland auf einen Schlag die klare Nummer eins im Frauentennis, denn die bisher am besten klassierte Monique Barry (21) belegt derzeit Rang 650. Also hat Sun auch im Billie-Jean-King-Cup-Team einen Stammplatz auf sicher, zudem darf sie über einen Kontinental-Quotenplatz auf einen Start an den Olympischen Spielen in Paris (im Juli) hoffen. Und ausserdem sollen auch die finanziellen Rahmenbedingungen gestimmt haben.
Mit anderen Worten: Sun erhielt eine derartige gute Offerte, dass Swiss Tennis nicht mithalten konnte. Und: Auch nicht wollte. Denn im Gegensatz zu Neuseeland, das sich zumindest im Einzel-Tennis im Niemandsland bewegt, hat die Schweiz eine gewisse Breite an Spielerinnen, die allesamt Anspruch auf ihren Platz im Gefüge erheben.
Sun zahlt Fördergeld wieder zurück
Sun einen Stammplatz im Billie-Jean-King-Cup-Team oder eine Olympia-Empfehlung zu versprechen, sei schlicht «nicht möglich», erklärt Günthardt. Zumal die nationale Konkurrenz mit der aktuell schwangeren Bencic, Routinier Golubic, der einstigen Weltnummer 21 Jil Teichmann (26, WTA 187) sowie den Zukunftshoffnungen Céline Naef (18, WTA 163) und Simona Waltert (23, WTA 186) zu namhaft ist.
Trotzdem ist das Bedauern bei Swiss Tennis «sehr gross», wie Alessandro Greco, Leiter Spitzensport, sagt: «Natürlich wäre es in unserem Interesse, so breit wie möglich aufgestellt zu sein. Es ist schade, dass es zu diesem Nationenwechsel gekommen ist. Trotzdem wünschen wir Lulu viel Glück auf ihrem weiteren Weg.» Zudem betont Greco, dass die Vorgänge der letzten Wochen «transparent und korrekt» abgelaufen seien. Er sei stets über jeden Schritt informiert gewesen. Ausserdem zahle Sun das in sie investierte Geld wieder zurück.
«Aufrichtig dankbar»
Sun selbst erklärt sich wie folgt: «In der Schweiz aufgewachsen, trage ich die Liebe für beide Länder in meinem Herzen. Neuseeland zu repräsentieren ist für mich deshalb mehr als ein rein professioneller Entscheid, es ist eine Anerkennung meiner Wurzeln.» Sie sei der Schweiz «aufrichtig dankbar», habe zuletzt aber gespürt, dass es sie zu ihrer anderen Heimat hinziehe.
Das WTA-250-Turnier in Auckland von Anfang Jahr, bei dem erstmals Gerüchte über einen Nationenwechsel aufkamen, sei mitentscheidend gewesen: «Die überwältigende Unterstützung und das Gefühl, von einem ganzen Land umarmt zu werden, stärkten meine tiefe Verbundenheit mit Neuseeland und mein Gefühl, ‹zu Hause› zu sein.»
Bei Swiss Tennis respektiert man diesen Entscheid. Allerdings muss Sun gleichzeitig damit leben, dass sie nun für jedes Heimspiel eine halbe Weltreise unternehmen muss – und dass der Druck auf sie als neues Aushängeschild ungemein grösser sein wird.
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