Die hessische AfD distanziert sich nicht von „Remigrationen“

die hessische afd distanziert sich nicht von „remigrationen“

AfD-Fraktion im hessischen Landtag, mit dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Robert Lambrou (rechts) und dem Co-Landesvorsitzenden Andreas Lichert (Mitte)

Die AfD-Fraktion im Hessischen Landtag hat sich in einer hitzigen Plenardebatte am Mittwoch ausdrücklich nicht von Plänen zur „Remigration“ distanziert. Ihr war abermals ein Treffen in der Nähe von Potsdam vorgehalten worden, bei dem nach Medienberichten im November des vergangenen Jahres darüber beraten wurde, wie eine große Zahl von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland vertrieben werden kann.

Daneben zitierte Mathias Wagner, der Fraktionschef der Grünen, aus dem Buch, in dem der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke „ein groß angelegtes Remigrationsprojekt“ und Maßnahmen ankündigt, die dem „eigentlichen mora­lischen Empfinden“ der neuen politischen Führung zuwiderliefen. „Wer nicht als Nazi bezeichnet werden will, darf nicht wie ein Nazi reden“, stellte Wagner fest. Dann fragte er die Abgeordneten der AfD: „Machen Sie sich die Äußerungen zu eigen oder nicht?“

die hessische afd distanziert sich nicht von „remigrationen“

Wehrhaft: Hunderte Bürger haben sich Ende Januar zur Kundgebung gegen Rechtsextremismus auf dem Hanauer Marktplatz versammelt.

Rhein: AfD ist „eine Schande für Deutschland“

Andreas Lichert (AfD), der den offiziell abgeschafften „Flügel“ repräsentiert, antwortete mit den Worten: „Ich lehne es ab, mir von Ihnen diktieren zu lassen, wozu ich Stellung nehmen muss.“ Als „absolut infam“ bezeichnete Lichert einen Vorwurf des SPD-Fraktionsvorsitzenden Tobias Eckert. Der hatte die AfD-Fraktion zuvor als „parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus“ bezeichnet.

Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) wies den von der AfD vor einer Woche gegen ihn erhobenen Vorwurf zurück, er habe „das konservative Lager gespalten“, indem er nach der Landtagswahl kein Bündnis mit der AfD eingegangen sei. Die AfD sei weder bürgerlich noch konservativ, sondern „eine Schande für Deutschland“, rief der Unionspolitiker. Die CDU gehe keine Koalition mit einer Partei ein, „in der Höcke wüten kann wie er will und von niemandem aufgehalten wird“. Eine Koalition der CDU mit der AfD werde es niemals geben.

Anlass der Auseinandersetzung war ein von Wagner angestoßener Entschließungsantrag, mit dem die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP sich dankbar dafür gezeigt hatten, „dass in den letzten Wochen Hunderttausende Menschen gegen die Feinde der Demokratie de­monstriert haben“. Für Feinde der Demokratie sei sowohl außerhalb des Landtags als auch in seinem Innern kein Platz, heißt es in dem Antrag. Es dürfe nicht toleriert werden, dass Extremisten und Fundamentalisten unter dem Deckmantel der durch die Verfassung garantierten Freiheit agierten und den Rechtsstaat beseitigen wollten.

AfD: Nazi-Vorwürfe werden „inflationär gebraucht“

Das Grundgesetz gegen inner- und außerparlamentarische Oppositionskräfte einzusetzen verkehre dessen Sinngehalt ins Gegenteil, hieß es dazu in einem Antrag der AfD-Fraktion. „Heutzutage werden Rechtsextremismus- und gar ,Nazi-Vorwürfe‘ geradezu inflationär gebraucht, um Andersdenkende zu delegitimieren und zu kriminalisieren“, so die AfD.

Redner der anderen Parteien wiesen darauf hin, dass der Verfassungsschutz die AfD-Jugendorganisation Junge Alterna­tive (JA) als gesichert extremistische Bestrebung einstufen und behandeln könne. Das hatte das Verwaltungsgericht Köln am Montag entschieden. Der Fraktionschef Robert Lambrou habe die JA im vergangenen Jahr als „festen Bestandteil der AfD“ bezeichnet. Vier der hessischen Landtagsabgeordneten gehörten der JA an.

„Unser Rechtsstaat ist wehrhaft und wird sich auch in Zukunft nicht von Ex­tremisten, egal welcher Couleur, beeindrucken oder treiben lassen“, versicherte die Fraktionschefin der CDU, Ines Claus. „Wer rechts ist, ist nicht gleich rechtsex­trem“, fügte sie hinzu. Dazu habe nur ihre eigene Fraktion applaudiert, stellte Lambrou anschließend fest, aber nicht SPD, FDP und Grüne.

SPD: Demokratisch gewählt ist nicht gleich demokratisch gesinnt

„Dass unsere Demokratie unter Druck steht, hat das Treffen von Rechten in Potsdam eindrücklich gezeigt“, sagte Wiebke Knell, Ko-Vorsitzende der FDP-Fraktion. Darum sei es höchste Zeit, für die Demokratie aufzustehen. Die Menschen die jetzt auf die Straße gingen, hätten die unterschiedlichsten Hintergründe und die verschiedensten Überzeugungen. Sie verbinde der Glaube an die Demo­kratie. Dieser Glaube verbinde auch die demokratischen Fraktionen im Hessischen Landtag, sagte Knell. Sie müssten die Menschen wieder nachhaltig von der Demokratie überzeugen und deutlich machen, dass die Parteien des demokratischen Spektrums Alternativen für die Wähler böten.

Eckert sagte, „dass die Anständigen, die Aufrechten mehr sind, dass wir stärker sind, dass wir entschlossener sind als die, die unser Land mit Hass und Hetze kaputtmachen wollen“. Manche von ihnen hätten es ins Parlament geschafft. „Sie mögen auf demokratischem Wege in den Landtag eingezogen sein. Aber man kann eben auch demokratisch gewählt werden, ohne demokratisch gesinnt zu sein“, sagte Eckert.

„Keine Demonstration, keine Kund­gebung, kein Solidaritätskonzert ersetzt, was für uns als gewählte Abgeordnete des Hessischen Landtags eine Pflicht sein muss: Den Feinden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entgegenzutreten und ihrer zerstörerischen Ideologie den Nährboden zu entziehen“, sagte der Sozialdemokrat. Auch in herausfordernden Zeiten werde man Kompromisse un­ter Demokraten finden. „Das erwarten die Menschen in unserem Land. Und das liefern wir.“

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