Fleischproduktion in Deutschland geht das siebte Jahr in Folge zurück

Weil in Deutschland deutlich weniger Schweine geschlachtet wurden, ist auch die Fleischproduktion erneut gesunken. Um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren, treibt Agrarminister Özdemir Pläne für eine Abgabe auf Fleisch voran.

fleischproduktion in deutschland geht das siebte jahr in folge zurück

Fleischproduktion in Deutschland geht das siebte Jahr in Folge zurück

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft zeigt sich auch auf den Schlachthöfen: Die Fleischproduktion in Deutschland ist 2023 das siebte Jahr in Folge gesunken. Die gewerblichen Schlachtunternehmen produzierten nach vorläufigen Ergebnissen 6,8 Millionen Tonnen Fleisch, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das waren vier Prozent oder 280.200 Tonnen weniger als im Vorjahr. Die inländische Fleischproduktion sei seit ihrem Höchststand im Jahr 2016 mit damals 8,25 Millionen Tonnen kontinuierlich gesunken, schreiben die Statistiker.

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Im vergangenen Jahr wurden in den Betrieben insgesamt 47,9 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 702,2 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet.

Mehr Schweine aus dem Ausland importiert

Ausschlaggebend für die rückläufige Produktion ist die deutlich geringere Menge bei Schweinefleisch. Sie ging den vorläufigen Ergebnissen des Statistikamts zufolge um 6,8 Prozent auf 4,2 Millionen Tonnen zurück. Im Vergleich zum Rekordjahr 2016 wurden 2023 etwa 1,4 Millionen Tonnen weniger Schweinefleisch erzeugt, was einem Rückgang von gut einem Viertel entspricht. Ein Grund für die sinkende Produktion sind laut Statistikamt die bis Mai 2023 ebenfalls rückläufigen Schweinebestände in Deutschland.

Die Zahl der in Deutschland geschlachteten Schweine sank um sieben Prozent auf 43,8 Millionen Tiere. Zwar kamen die meisten geschlachteten Schweine immer noch aus inländischer Haltung, doch ihre Zahl nahm im Jahresvergleich ab – um 7,7 Prozent auf knapp 42,3 Millionen Tiere. Die Zahl der importierten Schweine, die in deutschen Betrieben geschlachtet wurden, nahm indes deutlich zu. Sie stieg um 19,5 Prozent auf 1,5 Millionen Tiere.

Die Zahl der geschlachteten Rinder blieb mit drei Millionen Tieren nahezu konstant (minus 0,3 Prozent). Da die durchschnittlichen Schlachtgewichte den Angaben zufolge zunahmen, stieg die Menge aber leicht um 0,6 Prozent auf 992.900 Tonnen. Die Menge an erzeugtem Geflügelfleisch erhöhte sich um 1,4 Prozent auf 1,6 Millionen Tonnen.

Angesichts des rasanten Strukturwandels in der Landwirtschaft will Bundesagrarminister Cem Özdemir eine planungssichere Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung voranbringen. Nun werden die Pläne für eine Tierwohlabgabe konkreter. Das Agrarministerium erarbeitet auf Bitte der Ampelfraktionen ein Konzept, das als Grundlage für die Einführung einer Verbrauchsteuer auf Fleisch und Fleischprodukte dient, wie es in einem Papier heißt, aus dem die Nachrichtenagentur dpa und auch die »Bild«-Zeitung zitierten.

Darin heißt es demnach, die Höhe des Steuersatzes wäre politisch zu entscheiden. Die Einnahmen aus der Abgabe würden nicht direkt an die Bauern, sondern in den Bundeshaushalt fließen. Zweckgebunden wäre die Steuer damit nicht. Auch importierte Fleischprodukte sollen besteuert werden, einzig der Import für private Zwecke wäre ausgenommen.

Die Tierwohlabgabe geht auf eine bereits 2020 veröffentlichte Empfehlung von einer Kommission um den früheren Agrarminister Jochen Borchert zurück. Diese schlug einen höheren Mehrwertsteuersatz oder eine mengenbezogene Abgabe vor – 40 Cent pro Kilogramm Fleisch. Die Mehreinnahmen sollen nach diesem Konzept an Landwirte gehen, die ihre Tierhaltung umbauen.

Tierschutzbund will es nicht nur bei Tierwohlabgabe belassen

Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, begrüßte Özdemirs Eckpunktepapier. »Ganz entscheidend für die Umsetzung einer Abgabe ist, dass die Zusatzeinnahme nicht für das Stopfen von Haushaltslöchern oder zur Kompensation anderer Kürzungen missbraucht wird«, sagte Schröder. Das zusätzliche Geld müsse ausnahmslos zweckgebunden für Tierschutzfortschritte eingesetzt werden.

Zugleich mahnte er die FDP, eine Tierwohlabgabe nicht zu blockieren. »Christian Lindner und die FDP müssen jetzt Farbe bekennen«, sagte Schröder. »Sperrt sich Herr Lindner, riskiert er die Zukunftsfähigkeit der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Deutschland.«

Auch der vom Bundestag einberufene Bürgerrat hatte sich für eine Tierwohlabgabe ausgesprochen – oder eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf Fleisch.

Tierschutzpräsident Schröder fordert beides. »Wer neben Tierschutz auch den Klimaschutz stärken will, der wäre klug beraten, zugleich zu der Abgabe auch die Mehrwertsteuer auf Fleisch von sieben auf 19 Prozent anzuheben, aber dafür die Mehrwertsteuer für pflanzliche Ernährung zu senken«, sagte er. Es gebe »kein Menschenrecht auf Fleisch, aber sehr wohl eines auf Ernährung«.

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