Batteriehersteller: Sanierung bei Varta greift zu kurz, Aktienkurs auf Rekordtief

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Bis 2026 wollte Varta auf „auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren“. Doch die Geschäfte laufen schlechter als gedacht.

Die Aktie des schwäbischen Batterieherstellers Varta ist am Freitag auf den tiefsten Stand seit dem Börsengang im Jahr 2017 gefallen. Die Titel verloren in der Spitze 34 Prozent auf bis zu 9,30 Euro. Zum Schlusskurs von 9,75 Euro lag das Minus bei 31 Prozent.

In einer Mitteilung vom Donnerstagabend hatte Varta erklärt, die erst vor gut einem Jahr mit den Banken und Mehrheitsaktionär Michael Tojner vereinbarte Sanierung greife zu kurz, um wie geplant bis Ende 2026 „auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren“. Die Geschäfte mit kleinen Lithium-Ionen-Knopfzellen für Kopfhörer sowie mit Energiespeichern für aus Photovoltaik-Dächern produzierten Strom laufe schlechter als gedacht.

Die Abrufe der Lithium-Ionen-Batterien schwankten stark, vor allem die Konkurrenz aus Asien liefere billiger und die Händler säßen auf großen Lagerbeständen. Der Cyberangriff auf Varta im Februar, der die Produktion wochenlang lahmlegte, habe die finanzielle Lage noch verschärft.

Analyst Robert-Jan van der Horst vom Analysehaus Warburg Research sagt dazu: „Viele Finanzierungsfragen sind noch ungeklärt.“ Zudem ist für ihn überraschend, dass es „im Bereich ‚Energy Storage Systems‛ deutlich schlechter läuft“.

Bei einem Wachstumstreiber läuft es schlechter

Im letzten Quartalsbericht aus dem November schreibt Varta noch: „Energy Storage Systems ist unverändert ein nachhaltiger Wachstumstreiber.“ In den ersten neun Monaten 2023 war der Umsatz in diesem Bereich um 86 Prozent gestiegen. Neuere Zahlen liegen wegen des Cyberangriffs noch nicht vor.

Die Wirtschaftsprüfer der KPMG hatten Varta im vergangenen Jahr eine positive Fortführungsprognose bescheinigt, auf die die Banken ihre Finanzzusagen gestützt hatten. Der österreichische Mehrheitsaktionär Michael Tojner musste auf Druck der Banken einen Sanierungsbeitrag leisten.

Über sein Unternehmen MontanaTech brachte er über eine Kapitalerhöhung 50 Millionen Euro unter Ausschluss des Bezugsrechtes ein. Die Sanierungspläne waren die Grundlage dafür, dass die Banken die Kredite bis Ende 2026 verlängert hatten. Bedingung ist in der Regel, dass Unternehmen bestimmte Finanzkennziffern einhalten.

Das ist offenbar nicht mehr der Fall. Die Annahmen in dem Gutachten seien nicht mehr zu halten, erklärte Varta in der Mitteilung. Nun soll die Bonner AuxilPartner ein neues Sanierungsgutachten schreiben, das Mitte des Jahres fertiggestellt sein soll. Bis dahin hätten die Kreditgeber zugesagt stillzuhalten.

Wie die Sanierungspläne angepasst werden müssten, lasse sich noch nicht sagen. „Wir stehen in engem Austausch mit den Banken bei der Erstellung des Sanierungsgutachtens“ , sagte ein Varta-Sprecher dem Handelsblatt. Die seit Längerem andauernden Gespräche führt der vor einem Jahr auf Drängen der Banken ins Unternehmen gekommene Restrukturierungs-Vorstand Michael Giesswein.

Zusätzlich habe Varta die Investmentbank Rothschild angeheuert, um „strategische Optionen in Bezug auf potenzielle Rekapitalisierungs- und Finanzierungsmaßnahmen auszuarbeiten“. Beobachter gehen davon aus, dass Großaktionär Tojner auch diesmal einen Beitrag leisten müssen wird. Allein für die Jahre 2020 und 2021 hatte Tojner bei Varta rund 100 Millionen Euro an Dividenden eingenommen.

Shortseller erzielen mit Absturz große Gewinne

Varta hat 250 Millionen Euro Bankschulden und sich weitere 235 Millionen Euro über Schuldscheine geliehen. Das Unternehmen hat bisher keinen Jahresabschluss für 2023 vorgelegt, was es mit den Folgen des Cyberangriffs begründet hatte.

Im ersten Halbjahr 2023 machte der Batteriehersteller dabei 339 Millionen Euro Umsatz und einen Nettoverlust von 110,4 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr erwartete das Unternehmen nach einigen Prognosekürzungen 820 Millionen Euro Umsatz.

Die Varta-Aktie war lange ein Liebling der Privatanleger. Vor allem dass Varta die Mikrobatterien für Bluetooth-Kopfhörer des iPhone-Produzenten Apple liefert, sorgte für Kursfantasie.

Shortseller bei Varta-Aktie aktiv

Viele Experten wiesen aber auf den hohen Konkurrenzdruck hin. Auch wetteten Profianleger massiv auf fallende Kurse. Zumindest diese „Shortseller“ machten mit der Varta-Aktie Gewinn: Gegenüber dem Rekordhoch von 181,30 Euro aus dem Januar 2021 hat die Aktie fast 95 Prozent an Wert verloren. Im Mai droht der Ausschluss aus dem Kleinwerteindex SDax.

Die 1904 gegründete Varta gehörte jahrzehntelang der Industriellenfamilie Quandt, die auch an BMW beteiligt ist. 2002 zerschlugen die Quandts den Batteriekonzern. Das größere Geschäft mit Autobatterien ging damals an den US-Autozulieferer Johnson Controls. Die Haushaltsbatterien wurden an die heutige Spectrum Brands verkauft.

Der österreichische Unternehmer Michael Tojner übernahm 2007 die Varta Microbattery für rund 30 Millionen Euro und brachte das Unternehmen zehn Jahre später an die Börse.

Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters.

Erstpublikation: 12.04.2024, 02:25 Uhr.

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