Websperren: Große deutsche Provider blockieren Schattenbibliothek Sci-Hub​

websperren: große deutsche provider blockieren schattenbibliothek sci-hub​

Websperren: Große deutsche Provider blockieren Schattenbibliothek Sci-Hub​

Telekom, Vodafone & Co. erschweren den Zugang zur Schattenbibliothek Sci-Hub – obwohl es dafür keine gerichtliche Anordnung gibt.

Vodafone, Telekom, 1&1 sowie Telefónica erschweren den Zugang zu der Schattenbibliothek Sci-Hub mit DNS-Sperren – obwohl es dafür keine gerichtliche Anordnung gibt. Dies bestätigten die großen hiesigen Provider gegenüber dem Portal Netzpolitik.org. Den Maßnahmen zugrunde liegt eine Empfehlung der umstrittenen privaten Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII), die Verbände der Rechteinhaber 2021 mit dem Plazet der Bundesnetzagentur eingerichtet haben. Die Instanz schätzte Sci-Hub am 8. Januar als “strukturell urheberrechtsverletzende Website (SUW)” ein. Allein im September 2023 seien von Deutschland aus 1.372.933 Artikel von dort heruntergeladen worden, die teils urheberrechtlich geschützt seien. Die Sperrung sei daher “zumutbar und verhältnismäßig”.

Im Fokus der CUII stehen eigentlich Streaming-Portale, die Nutzern Filme, Serien und Musik kostenfrei und illegal verfügbar machen. Sie hat daher unter anderem bereits Blockaden von Serienjunkies.org, Cine.to oder Kinox.to angeraten. Ziel von von Sci-Hub ist es dagegen, Forschungsergebnisse allgemein leichter zugänglich zu machen und wissenschaftliche Aufsätze hinter Bezahlschranken hervorzuholen. Alexandra Elbakyan aus Kasachstan rief das Projekt mit mittlerweile rund 85 Millionen Einträgen als Reaktion auf die oft hohen Preise einschlägiger Artikel 2011 ins Leben. Den Antrag auf die Sperrempfehlung stellte ein Mitglied des Internationalen Verbands der Wissenschaftlichen Verlage (STM), der den CUII Verhaltenskodex mit unterzeichnet hat.

Der Berliner Kabelnetzbetreiber Tele Columbus, der seine Leistungen unter der Dachmarke Pÿur anbietet, macht nicht mit bei der Blockade. “Netzsperren führen wir nur auf amtliche Anordnung aus”, erklärte ein Sprecher gegenüber heise online. “Und selbst hier hinterfragen wir juristisch, inwieweit es sich beim Erlass von Sperrverfügungen um berechtigte Antragsteller handelt.” Unabhängig jeder Bewertung der schutzwürdigen Interessen gehe es darum sicherzustellen, “dass uns kein Vorwurf gemacht werden kann, gegen das EU-Gebot der Netzneutralität zu verstoßen”. Sperrempfehlungen der CUII seien für das Unternehmen rechtlich nicht bindend “und werden unsererseits nicht vorgenommen”.

Bei einer kurzen Stichprobe der Redaktion von heise online an Internetanschlüssen von der Deutschen Telekom und Vodafone lenkte deren DNS-Resolver die Anfrage nach mehreren Sci-Hub-Servern auf den CUII-Hinweis um. Andere der zahlreichen Quellen waren nach wie vor erreichbar.

Overblocking in besonders sensiblem Bereich befürchtet

Der frühere EU-Abgeordnete Felix Reda bezeichnete die Entscheidungsstelle schon 2021 als gefährlich: “Durch das Einknicken der Internetprovider vor dem Druck der Unterhaltungsindustrie fällt die gerichtliche Prüfung von Sperrverlangen weg.” Dadurch verzichteten die Zugangsanbieter nicht nur auf den Schutz ihrer eigenen Grundrechte, sondern auch auf den der Nutzer, “die in dieses Verfahren aber keineswegs eingewilligt haben”. Websperren sind in Deutschland prinzipiell heftig umkämpft, seit ein Düsseldorfer Regierungspräsident 2002 mit einschlägigen Verfügungen vorpreschte.

Die Sci-Hub-Blockade hält Joschka Selinger, Anwalt bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) für besonders kritikwürdig, da sie zu “Overblocking in einem grundrechtlich besonders sensiblen Bereich” führe. Die Plattform biete nämlich nicht nur Zugang zu Inhalten, die sonst hinter einer Bezahlschranke liegen, gab er gegenüber Netzpolitik.org zu bedenken. Vielmehr würden dort auch zahlreiche legale Open-Access-Publikationen gesammelt. Die Sperre habe so “weitreichende Folgen für die Wissenschafts- und Informationsfreiheit”. Die CUII will dagegen bereits berücksichtigt haben, dass kein unverhältnismäßiges Overblocking legaler Angebote stattfinde. Sollte Sci-Hub Domains wechseln, könnten diese in einem beschleunigten Verfahren gesperrt werden. Der Bundesgerichtshof sah Websperren 2022 als letztes Mittel bei Rechtsverletzungen durch Schattenbibliotheken an.

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