Selbst angepassten Eisbären droht der Hungertod

Während der eisfreien Zeiten sind viele der grossen Landraubtiere stark gefährdet, obwohl sie ihre Ernährung und ihr Jagd- und Suchverhalten anpassen können. Dies zeigt eine neue Studie.

selbst angepassten eisbären droht der hungertod

Keine Robben in Sicht: Schmilzt das Meereis, finden Eisbären zu wenig Nahrung.

Kaum ein Tier steht so für die verheerenden Folgen der Klimaerwärmung wie der Eisbär. Die länger werdende eisfreie Phase in der Arktis macht den Raubtieren schwer zu schaffen. Das zeigt eine aufwendige Untersuchung, für die Forschende 20 Eisbären in Kanada über mehrere Wochen sehr genau beobachtet haben. Dabei stellte das Team um Anthony Pagano vom Alaska Science Center fest, dass die Eisbären zwar auch an Land auf Futtersuche gehen, dabei aber weniger erfolgreich sind und deshalb an Gewicht verlieren. Das Team hat die Studie kürzlich im Fachblatt «Nature Communications» veröffentlicht.

Der fortschreitende Klimawandel führt in der Arktis zu einem Rückgang des Meereises. Für die Eisbären ist das ein Problem, weil sie auf dem Eis vom späten Frühling bis zum Frühsommer Robben jagen, die zu dieser Zeit ihre Jungtiere zur Welt bringen. Zieht sich das Meereis zurück, sind Eisbären gezwungen, an Land zu gehen. Durch die Erderwärmung haben sich die eisfreien Phasen erheblich verlängert: Von 1979 bis 2015 schon um drei Wochen, sodass Eisbären mittlerweile 130 Tage im Jahr an Land verbringen.

Zwar sind Eisbären anpassungsfähig und jagen vereinzelt auch Beute an Land. Doch sollte sich die eisfreie Zeit weiter verlängern, befürchten Wissenschaftler, dass das Überleben der Tierart stark gefährdet wird. So könnten bis 2050 laut Schätzungen 22 bis 67 Prozent weniger Jungtiere geboren werden. Andere Forschende gehen davon aus, dass ein Viertel der Männchen verhungern wird, wenn das arktische Meer 180 Tage eisfrei bleibt.

Trotz dieser Vermutungen ist unklar, ob Eisbären während der meereisfreien Zeit länger überleben könnten, wenn sie weniger Energie verbrauchen oder neue Nahrungsquellen erschliessen. Um das herauszufinden, untersuchte das Team um Pagano 20 Eisbären in der kanadischen Hudson Bay während der meereisfreien Zeit. Die Autoren ermittelten den täglichen Energieverbrauch der Tiere sowie Veränderungen ihrer Körpermasse. Über GPS-Tracker, die mit einer Kamera ausgestattet waren, konnten die Forschenden beobachten, wie sich die Tiere verhielten, was sie frassen und wie viel sie sich bewegten.

Bis zu 36 Kilo abgenommen

«Wir beobachteten sehr unterschiedliche Verhaltensweisen bei den Eisbären», sagte Pagano laut einer Pressemitteilung der Washington State University. «Manche Bären legten sich einfach hin und verbrauchten ähnlich wenig Energie wie beim Winterschlaf. Andere suchten aktiv nach Futter und ernährten sich von Vogel- und Karibukadavern, Seetang und Beeren. Drei Tiere schwammen sogar über etliche Kilometer durchs Meer, um dort nach Nahrung zu suchen.»

Je nach Aktivität stellten die Forschenden grosse Unterschiede im täglichen Energieverbrauch der Tiere fest. Insgesamt verloren aber 19 der 20 Eisbären an Gewicht: 0,4 bis 1,7 Kilogramm pro Tag und damit 8 bis 36 Kilogramm innerhalb des dreiwöchigen Beobachtungszeitraums. Zwar hätten manche Tiere Nahrung finden können, hiess es. Doch gewannen sie beim Fressen nur so viel Energie, wie sie für die Futtersuche verbrauchten. Zu wenig, um bei Kräften zu bleiben.

selbst angepassten eisbären droht der hungertod

Ein früherer Rückzug aufs Festland verkürzt die Zeit, um Energiereserven aufzubauen: Kadaver eines verhungerten Eisbären im Frühling 2013 auf Spitzbergen.

Manche Fachleute hatten angenommen, dass Eisbären sich auf dem Festland so verhalten würden wie ihre Verwandten, die Grizzlybären: Entweder gehen sie in den Ruhemodus oder suchen Nahrung an Land. Doch das ist offenbar nicht der Fall. «Eisbären sind keine Grizzlys mit weissem Fell. Sie unterscheiden sich sehr stark voneinander», sagte Co-Autor Charles Robbins, Direktor des Washington State University Bear Center. «Eisbären sind grösser und wiegen auch wesentlich mehr. Um ihr Gewicht zu halten, fressen sie das energiereiche Fett von Robben – und die fangen sie auf dem Meereis.»

Konflikte zwischen Eisbären und Menschen

Obwohl Eisbären ihr Verhalten anpassen können, verdeutlichen die Ergebnisse, wie stark eine längere meereisfreie Phase das Risiko erhöht, dass die Tiere verhungern. «Dadurch, dass Eisbären sich früher aufs Festland zurückziehen müssen, haben sie auch weniger Zeit, um überlebenswichtige Energiereserven aufzubauen», sagt Pagano. «Wir gehen davon aus, dass somit zukünftig mehr Tiere verhungern werden, insbesondere jüngere Eisbären und Weibchen mit Jungtieren.»

Die Naturschutzorganisation WWF wies darauf hin, dass die Entwicklung auch Auswirkungen auf Menschen haben kann. «Je mehr Zeit Eisbären an Land verbringen, desto grösser ist das Risiko von Interaktionen und Konflikten mit den Menschen in den arktischen Küstengemeinden», teilte die Organisation mit. Als grosses Raubtier stellten Eisbären eine erhebliche Gefahr für die dortige Bevölkerung dar. «Begegnungen können zu Sachschäden, Verletzungen und dem Verlust des Lebens sowohl von Menschen als auch von Bären führen.»

Die Eisbären in der westlichen Hudson Bay sind den Fachleuten um Pagano zufolge aber wahrscheinlich stärker von den Folgen des Klimawandels betroffen als jene in anderen Regionen in der Arktis.

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