In welchen Unternehmen der Staat drin hängt

in welchen unternehmen der staat drin hängt

Die Post mit ihrer DHL-Gruppe ist nicht der einzige Konzern mit Staatsanteil.

Wenn der Bund Unternehmensanteile privatisiert, erfährt das die Öffentlichkeit in aller Regel erst, wenn es passiert ist. So wie im aktuellen Fall. Dienstabend teilte die Staatsbank KfW mit, dass sie 50 Millionen Aktien der Deutsche Post AG zu 43,45 Euro im Zuge eines beschleunigten Platzierungsverfahrens verkauft hat. Damit erhöhe sich der Streubesitz entsprechend, die KfW bleibe aber mit etwa 16,5 Prozent weiterhin größte Aktionärin. Ergänzend hieß es, man habe „im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen“ entschieden, das gute Aktienmarktumfeld zu Beginn dieses Jahres zu nutzen, um Post-Aktien zu verkaufen. Der rechnerische Erlös von 2,17 Milliarden Euro geht abzüglich Einstandspreis und Privatisierungskosten an den Bund.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht Mitte November entschieden hat, dass die Regierung sich Notlagenkredite nicht auf Vorrat zurücklegen darf und damit allein 60 Milliarden Euro im Klimafonds gestrichen werden mussten, fehlen der Koalition eingeplante Mittel, etwa um die Deutsche Bahn wie versprochen ertüchtigen zu können. Zwangsläufig richten sich damit begehrliche Blicke auf mögliche Privatisierungserlöse. Heiße Namen sind in dem Zusammenhang stets Post, Telekom, Commerzbank. Aber neuerdings gibt es weitere Kandidaten.

Einmal im Jahr, zumeist im Frühjahr, gibt der Bund einen Beteiligungsbericht heraus, indem er auflistet, welche Anteile er an welchen Unternehmen hält, direkt oder indirekt. Selten war er so wenig aussagekräftig wie zuletzt. Im Vorwort erinnert Lindner daran, dass der Energieversorger Uniper SE infolge des kriegsbedingten Lieferstopps von russischem Gas in existenzielle Schwierigkeiten geriet. Auf erste Hilfsmaßnahmen folgte Ende Dezember 2022 der Einstieg des Bundes. Viel mehr dazu findet sich in dem Bericht aus dem Jahr 2023 nicht. Dabei ist der deutsche Staat aktuell mit 99,12 Prozent Mehrheitsaktionär an Uniper. Lindner schreibt nur noch, dass die Auflagen der EU-Kommission vorsehen, die Bundesbeteiligung bis spätestens 2028 auf maximal 25 Prozent plus eine Aktie zu reduzieren. Uniper kommt auf eine Marktkapitalisierung von 24,5 Milliarden Euro.

Wegen der Energiekrise wurde nicht nur Uniper verstaatlicht

In der Energiekrise ist der Bund nicht nur bei Uniper eingestiegen, sondern auch beim Energieversorger Sefe, vormals eine Tochterfirma des russischen Konzerns Gazprom . KfW-Darlehen von insgesamt 13,8 Milliarden Euro wurden teilweise in Eigenkapital umgewandelt. Der Bund ist nun alleiniger Eigentümer der gesamten Sefe-Gruppe. Selbst wenn er bei einem Verkauf das bekäme, was er reingesteckt hat, wäre das weniger, als bei einer vollständigen Privatisierung der Telekom rein rechnerisch möglich wäre.

An der Deutschen Telekom hält der Bund 13,83 Prozent direkt und 16,63 Prozent über die KfW. Der Marktwert der Aktiengesellschaft wird derzeit auf 112 Milliarden Euro beziffert. Damit sind die beiden Pakete des Bundes 34 Milliarden Euro wert. Das Magazin „Spiegel“ hatte spekuliert, die Regierung wolle wohl bei der Deutschen Telekom eine strategische Beteiligung von 25 Prozent zuzüglich einer Aktie halten. Auch die Sperrminorität von 25,1 Prozent beim Rüstungselektronikkonzern Hensoldt gilt als strategisch bedeutsam. Hier ist der Bund über die KfW beteiligt.

Über einen Verkauf der Commerzbank-Anteile ist oft gemutmaßt worden. Davor zuckten frühere Regierungen letztlich zurück, weil sie die damit verbundene Debatte fürchteten. Der Bankenrettungsfonds Soffin hatte die Aktien in der Finanzkrise für gut 5 Milliarden Euro erworben. Heute ist der 15,6-Prozent-Anteil rund 2 Milliarden Euro wert. Das sähe nach einem schlechten Geschäft aus – auch wenn die Aktion darauf ausgerichtet war, eine Kettenreaktion aus einem Commerzbank-Kollaps zu verhindern, dessen Konsequenzen als unberechenbar galten. Heute ist eine Privatisierung des Instituts aus einem anderen Grund weniger wahrscheinlich: Der Bund hätte zunächst nichts von dem Verkauf, da der Erlös in den Soffin flösse.

Dagegen war der Einstieg des Bundes bei der Lufthansa auch finanziell erfolgreich. Über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) hatte er die in der Pandemie ins Trudeln geratene Fluggesellschaft aufgefangen, drei Jahre später hat er die Anteile mit Gewinn verkauft. Die Beteiligung des Fonds wurde im September 2022 vollständig beendet. „Durch Verkauf der Aktien der Lufthansa AG konnte der WSF insgesamt einen Erlös in Höhe von 1,07 Milliarden Euro erzielen, ein Vielfaches von dem, was er für den Erwerb eingesetzt hatte“, rühmte Lindner im genannten Beteiligungsbericht.

Viele Anteile, die der Bund hält, will er aus unterschiedlichen Gründen nicht verkaufen: Die Deutsche Bahn war Privatisierungskandidat, heute wird kaum in Frage gestellt, dass sie dem Staat gehört. Sie ist wie die Autobahn GmbH oder die Toll Collect GmbH Teil der Verkehrspolitik. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ist der verlängerte Arm des Entwicklungsministeriums für die Projektarbeit vor Ort. Die Bw Bekleidungsmanagement und Bw Fuhrpark-Service dienen dem Verteidigungsministerium. Die Anteile an der Bayreuther Festspiele, an der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland und an der Rundfunk-Orchester und -Chöre sind in einem speziellen Sinne werthaltig, weniger in Euro.

Doch schon der Post-Aktien-Verkauf stößt auf Kritik. „Hier wird Tafelsilber verscherbelt, um selbstverschuldete Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen, anstatt eine nachhaltige Beteiligungspolitik mit sicheren Dividendeneinnahmen zu betreiben, die dauerhaft Einfluss auf die kritische Infrastruktur sichert“, bemängelt Andrea Kocsis, stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft.

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