U-Haft für zwei Wiener Terror-Verdächtige verlängert
Das Wiener Landesgericht hat am Montag über zwei Terror-Verdächtige die U-Haft um vier Wochen verlängert, die einem Länder übergreifenden Netzwerk der radikalislamistischen Gruppierung “Islamischer Staat Provinz Khorasan” (ISPK) angehören und in Anschlagspläne gegen den Stephansdom sowie den Kölner Dom eingebunden gewesen sein sollen. Das teilte Gerichtssprecherin Christina Salzborn auf APA-Anfrage mit. “Die bisherigen Haftgründe bleiben aufrecht”, sagte Salzborn.
Die mutmaßlichen Islamisten – ein 28-jähriger Tadschike und dessen 27 Jahre alte, aus der Türkei stammende Ehefrau, die seit 2022 in Wien leben – waren kurz vor Weihnachten in einer Flüchtlingsunterkunft in Wien-Ottakring fest- und am 25. Dezember wegen Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr in U-Haft genommen worden. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen die mutmaßliche Terror-Zelle, in die federführend ein 30 Jahre alter, in Deutschland lebender Tadschike eingebunden gewesen sein soll, wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischer Straftaten (§278c StGB).
Die beiden Wiener Terrorverdächtigen hätten bei der Haftverhandlung Montagmittag sämtliche wider sie erhobenen Vorwürfe bestritten, teilte Salzborn mit: “Sie bekennen sich weiterhin ‘nicht schuldig’.” Dessen ungeachtet legten die beiden gegen die Gerichtsentscheidung keine Rechtsmittel ein. Der U-Haft-Beschluss ist somit bis 8. Februar rechtswirksam. Ein ursprünglich ebenfalls in U-Haft genommener Tschetschene war am vergangenen Freitag auf Anordnung der Staatsanwaltschaft auf freien Fuß gesetzt worden. Bei ihm geht die Anklagebehörde mittlerweile nicht mehr von dringendem Tatverdacht aus. Hinsichtlich des 47-Jährigen habe es “von Anfang an kein einziges Beweismittel gegeben”, betonte dessen Verteidiger Florian Kreiner zuletzt im Gespräch mit der APA. “Er ist nur deshalb festgenommen worden, weil er in der Flüchtlingsunterkunft zufällig direkt neben dem 28 Jahre alten Tadschiken gewohnt hat”, sagte Kreiner.
Der 30 Jahre alte Tadschike war am 24. Dezember in Wesel am Niederrhein “zur Gefahrenabwehr” in Gewahrsam genommen worden. Kurz zuvor hatte die Polizei Hinweise auf ein mögliches Anschlagsszenario am Kölner Dom erhalten. Nach Angaben der Kölner Polizei hatten sie sich auf Silvester und den Jahreswechsel bezogen. Neben dem Hinweis auf den möglichen Anschlagsplan in Köln hatten die deutschen Sicherheitsbehörden vor Weihnachten einen Hinweis auf einen möglichen geplanten Anschlag auf den Wiener Stephansdom erhalten und ihre österreichischen Kollegen gewarnt.
Der 30-Jährige hatte die Wiener Terror-Verdächtigen bis zum 20. Dezember mehrfach getroffen, zunächst am 8. Dezember 2023 in der Ottakringer Flüchtlingsunterkunft, in der später die Festnahmen erfolgten. Der 30-Jährige, den der deutsche Verfassungsschutz schon seit längerem im Fokus hatte und der daher observiert wurde, wurde dabei beobachtet, wie er den Stephansdom in einer für Touristen untypischen Weise filmte, auf Überwachungskameras überprüfte und das Gemäuer abklopfte. Zwischenzeitlich flog der 30-Jährige für ein paar Tage nach Istanbul, wo weitere Beteiligte der Terror-Zelle vermutet werden, kehrte am 18. Dezember nach Wien zurück und fertigte am 19. Dezember noch Fotos und Videoaufnahmen vom Prater an – offenbar ein weiteres potenzielles Anschlagsziel -, ehe er am 20. Dezember nach Deutschland zurückkehrte.
Festgesetzt wurde der 30-Jährige auf Basis eines von der Staatsanwaltschaft Wien beantragten Europäischen Haftbefehls. Er befindet sich aktuell in der Justizvollzugsanstalt Köln, die österreichische Justiz hat bereits ein Auslieferungsverfahren in die Wege geleitet. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden stehen dem nicht im Wege, die Generalstaatsanwaltschaft in Köln kündigte am Montag an, einen Antrag auf Auslieferungshaft zu stellen. Dieser werde beim Oberlandesgericht (OLG) in Köln eingereicht, erklärte ein Behördensprecher. Es sei der erste Schritt in einem mehrstufigen Verfahren, das mit der Überstellung des Mannes nach Österreich enden könne. Geprüft werde etwa die Zulässigkeit einer Auslieferungshaft, erläuterte der Sprecher. Wenn das OLG im Verlauf des Verfahrens diese beispielsweise verneine, dann müsse der Mann theoretisch sofort wieder entlassen werden. Der ganze Prozess könne insgesamt “einige Wochen” in Anspruch nehmen, hieß es seitens der Generalstaatsanwaltschaft.
Indes werden im Stephansdom nach den Feierlichkeiten rund um Weihnachten und den Jahreswechsel die Sicherheitsmaßnahmen und der enge Austausch mit den Sicherheitsbehörden beibehalten. Wie Dompfarrer Toni Faber mitteilte, wird es am Dienstag erneut ein Treffen mit der Wiener Polizeidirektion geben, um über die aktuelle Gefährdungslage informiert zu werden und das weitere Vorgehen abzustimmen.
Erleichtert zeigte sich Faber darüber, dass es während der Weihnachtsgottesdienste zu keinen Zwischenfällen gekommen sei. Auch habe es zu keinem Zeitpunkt Stau bei den Eingängen in den Dom gegeben und die Polizei sei ihrer Aufgabe “mit großer Sensibilität” nachgekommen, dankte der Dompfarrer den Einsatzkräften. Insgesamt habe sich die Verunsicherung vieler Menschen aber auf die Zahlen der Gottesdienstbesucherinnen und -besucher ausgewirkt, so Faber. Diese seien “spürbar geringer gewesen als normalerweise”. Auch einige Eltern hätten ihre Kinder aus Sorge bei den Weihnachtsgottesdiensten nicht zum Ministrieren geschickt.
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