Stadt Bern zahlt lieber für Brief­marken als für Brief­kästen

Seit Jahren fordern linke Parteien die Vorfrankierung der brieflichen Stimmzettel. Das Anliegen ist überraschend mehrheitsfähig geworden.

stadt bern zahlt lieber für brief­marken als für brief­kästen

Nur noch wenige Leute stimmen an der Urne ab.

Die Stadt Bern wird die Wahl- und Abstimmungscouverts in Zukunft vorfrankieren. Das kündigte Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) am letzten Donnerstag im Stadtrat überraschend an.

Eigentlich drehte sich die Diskussion um die Frage, ob es mehr Briefkästen für die Abgabe der Stimmcouverts brauche. Eine grosse Mehrheit des Stadtrats stimmte der Motion zu, die am 18. Januar traktandiert war.

Vor kurzem wurde ein Briefkasten an der Predigergasse entfernt, weil er laut dem Gemeinderat zu oft geleert werden musste. Im Erlacherhof und Bienzgut stehen noch Briefkästen der Stadt.

Spontaner Stapi-Vorschlag

Für den Gemeinderat sprach sich Stadtpräsident Alec von Graffenried deutlich gegen die Einführung von weiteren Briefkästen für die Stimmabgabe aus. Der personelle Aufwand sei sehr hoch, an den Tagen vor der Abstimmung müsse er bis zu sechsmal täglich geleert werden.

Dann aber kündigte er an, dass der Gemeinderat die Couverts vorfrankieren möchte. «Damit wählen wir einen besseren Weg und können die Briefkästen einsparen.» In seinem Votum habe der Stadtpräsident auf die offensichtliche Stimmungsänderung zu diesem Thema reagiert, sagt Alena Bachmann, Kommunikationsbeauftragte der Stadt Bern. Das Votum war in der Antwort des Gemeinderats nicht erwähnt, es entstand in «kurzfristiger Absprache mit der Stadtkanzlei».

Die Kosten der Vorfrankierung belaufen sich laut von Graffenried auf rund 125’000 Franken pro Jahr, eine Mehrheit der Bevölkerung profitiere aber davon. «Diese Kosten für die Demokratie muss man in Kauf nehmen», sagt David Böhner (Alternative Linke). Er hat die Motion von Vorgängerinnen im Stadtrat übernommen.

2017 wurde eine Motion für die Vorfrankierung der Abstimmungscouverts knapp abgelehnt. «Damals war der Vorschlag bei Bürgerlichen noch nicht mehrheitsfähig», sagt Böhner. In der Folge versuchte man, mit mehr Briefkästen Hindernisse für Wählerinnen und Wähler abzubauen.

Eine klare Mehrheit im Stadtrat begrüsste das. Dass sich der Gemeinderat nun auch für die Vorfrankierung ausspricht, freut Böhner. Es sei klar die bessere Lösung als mehr Briefkästen. Derzeit ist noch offen, ab wann die Couverts nicht mehr frankiert werden müssen.

Höhere Stimmbeteiligung

In Vorstössen verwiesen die unterzeichnenden SP-Stadträtinnen und Stadträte auf eine Studie der Universität Freiburg aus dem Jahr 2017. Laut dieser würde die Stimmbeteiligung dank der Vorfrankierung um 1,8 Prozentpunkte erhöht. Bei den städtischen Abstimmungen in Bern im November lag sie bei 29 Prozent.

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Die briefliche Abstimmung: So wählt und stimmt die Mehrheit der Bernerinnen und Berner.

Seit vielen Jahren stimmen die allermeisten Leute brieflich ab. Laut einer Statistik der Stadt Bern aus dem Jahr 2020 geht nur knapp jede dreizehnte der effektiv abstimmenden Personen an die Urne. 7,3 Prozent wählen an der Urne, 92,7 Prozent wählen brieflich.

Die Kosten der Briefmarke seien kein Hindernis, die Demokratie auszuüben, sondern viel mehr der Zeitaufwand, sich diese besorgen zu müssen. Die Vorfrankierung verschaffe da Abhilfe, sagen die Studienautoren. Lange Wege zur Urne oder zu den Abstimmungsbriefkästen, besonders in grossen Gemeinden, können laut der Studie auch ein Hindernis sein.

Interlaken frankiert Couverts

Im Kanton Bern können die Gemeinden selbst entscheiden, ob sie die Couverts vorfrankieren oder nicht. Viele Städte, beispielsweise Biel, Thun, Köniz und Langenthal, überlassen die Frankierung der Stimmbevölkerung. Für die briefliche Abstimmung in den Briefkästen der Gemeinde muss das Couvert nicht frankiert werden.

In vielen Gemeinden ist es in der Praxis so, dass per Post verschickte unfrankierte Stimmcouverts aus der Gemeindekasse bezahlt werden. So auch in Köniz: «Das Strafporto geht zulasten der Gemeinde Köniz», sagt Sprecherin Susanne Bandi. Der Gemeinderat behalte sich aber vor, die Situation neu zu beurteilen, falls in Zukunft mehr unfrankierte Couverts der Post überbracht werden.

Eine Ausnahme bildet Interlaken. Dort sind die Couverts vorfrankiert. «Damit die Motivation zur Abstimmung nicht gemindert wird, bezahlen wir das Porto», sagt Philippe Ritschard, Gemeindepräsident von Interlaken. Diese Praxis habe sich bewährt. Bezahlt werden nur die Portos der Couverts, die effektiv zurückgesendet werden.

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