USA – Joe Biden: Diese Fehler soll der Präsident in der Dokumentenaffäre gemacht haben

Ein alter Mann, unfähig, sich einfachste Dinge zu merken: Sonderermittler Hur will Joe Biden in der Dokumentenaffäre nicht anklagen – und teilt doch mächtig aus. Das könnte für den US-Präsidenten zum Problem werden.

usa – joe biden: diese fehler soll der präsident in der dokumentenaffäre gemacht haben

USA – Joe Biden: Diese Fehler soll der Präsident in der Dokumentenaffäre gemacht haben

Eigentlich sollte der Fall damit erledigt sein: Die Dokumentenaffäre wird für US-Präsident Joe Biden kein juristisches Nachspiel haben. Die Begründung des Sonderermittlers Robert Hur und dessen Bericht sind hingegen geeignet, Bidens Ansehen nachhaltig zu beschädigen. Entsprechend angefasst reagierte der US-Präsident auf die Veröffentlichung. Der Überblick:

Worum geht es?

Es war ein überraschender Fund beim Ausräumen eines alten Büros: Im November 2022 entdeckten Mitarbeiter Joe Bidens in einem verschlossenen Schrank in Washington vertrauliche Dokumente aus Bidens Zeit als Vizepräsident. In der Folge wurden Ermittler eingeschaltet, die bei Durchsuchungen Räume und Häuser an verschiedenen Orten durchkämmten – und noch mehr Dokumente tauchten auf. Biden zeigte sich daraufhin überrascht, er wisse nicht, wer die Dokumente dorthin gebracht habe oder was diese beinhalteten.

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war – und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Biden ist nicht der einzige Toppolitiker, der derzeit eine Dokumentenaffäre erlebt: Ex-Präsident Donald Trump dominierte zum Zeitpunkt der Funde bei Biden unter anderem die Schlagzeilen, weil auch er geheime Regierungsdokumente illegal bei sich gehortet haben soll. Mittlerweile ist Trump deswegen angeklagt. Was würde das alles für Biden bedeuten? Justizminister Merrick Garland setzte schließlich Sonderermittler Robert Hur ein, um die heiklen Anschuldigungen gegen seinen eigenen Chef untersuchen zu lassen.

Was steht in dem Bericht über die Affäre?

Hur stellte seinen Bericht am Donnerstag vor (das Originaldokument können Sie hier lesen). Die gute Nachricht für Joe Biden: Der Sonderermittler hält eine strafrechtliche Anklage gegen den US-Präsidenten nicht für gerechtfertigt, auch wenn Biden die Dokumente aus seiner Zeit als Vizepräsident zunächst »vorsätzlich« behalten habe. Hur hob dabei erhebliche Unterschiede zwischen der Dokumentenaffäre um Biden und jener um seinen republikanischen Amtsvorgänger hervor. Während Biden Geheimdokumente nach dem ersten Fund freiwillig dem Nationalarchiv übergeben und während der Ermittlungen kooperiert habe, habe Trump sich »über viele Monate« geweigert, die Dokumente zurückzugeben. Zudem habe Trump laut der gegen ihn erhobenen Anklage »Dritte damit beauftragt, Dokumente zu vernichten und dann darüber zu lügen«.

Was steht außerdem in dem Bericht?

Brisant wird Hurs Untersuchung vor allem durch das Bild, das er von dem 81 Jahre alten Biden zeichnet. So begründete der Sonderermittler den Verzicht auf weitere Schritte unter anderem damit, dass Bidens Erinnerung während der Befragung »signifikant eingeschränkt« gewesen sei. Der Präsident sei ein »wohlmeinender älterer Mann mit einem schlechten Gedächtnis«. Für diese Einschätzung nennt Hur mehrere Beispiele:

    Die Unterhaltungen der Ermittler mit dem US-Präsidenten beschreibt Hur als schwierig. Bidens Gedächtnis habe »erhebliche Einschränkungen« offenbart und sei teils »verschwommen« gewesen. Die Gespräche seien »oft quälend langsam« verlaufen.

    So heißt es, Biden habe Mühe gehabt, sich an Ereignisse zu erinnern und mitunter sogar, eigene Notizen zu lesen und wiederzugeben. »Er wusste nicht mehr, wann er Vizepräsident war, vergaß am ersten Tag des Gesprächs, wann seine Amtszeit endete und vergaß am zweiten Tag des Gesprächs, wann seine Amtszeit begann.«

    Auch habe sich Biden nicht mehr daran erinnern können, wann sein Sohn Beau gestorben sei. Bidens ältester Sohn erlag 2015 einem Krebsleiden.

    Ausgewertet wurden auch lange Mitschnitte von Unterhaltungen Bidens mit seinem Ghostwriter für ein 2017 erschienenes Buch. Das Material hinterließ bei den Ermittlern ein desaströses Bild. Demnach sagte Biden etwa, er habe »gerade all das geheime Material im Erdgeschoss« eines Hauses gefunden, das er damals in Virginia gemietet hatte.

Was sagt Joe Biden dazu?

Biden ging im Anschluss an die Vorstellung von Hurs Bericht in die Offensive: »Mein Gedächtnis ist gut«, erklärte er auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. »Ich bin ein älterer Mann, und ich weiß, was zum Teufel ich tue. Ich bin Präsident und ich habe dieses Land wieder auf die Beine gebracht.«

Aufgewühlt zeigte er sich vor allem angesichts der Bemerkungen zum Tod seines Sohnes: »Wie zur Hölle kann er es wagen, das aufzubringen«, schimpfte Biden über den Sonderermittler. Als die Frage nach seinem Sohn in den Befragungen aufgekommen sei, habe er sich gedacht, das gehe den Sonderermittler nichts an, sagte Biden weiter. Gleichzeitig wies er Anschuldigen aus dem Bericht vehement zurück. Er beteuerte etwa, keine geheimen Informationen mit seinem Ghostwriter für ein Buch geteilt zu haben.

Wie wurde der Sonderermittler ausgewählt?

Bevor Robert Hur als Sonderermittler eingesetzt wurde, arbeitete er als Anwalt für eine Kanzlei in Washington. Davor war er Staatsanwalt im US-Bundesstaat Maryland. Für diese Position wurde Hur von dem damaligen Präsidenten Donald Trump nominiert. Vor dieser Tätigkeit arbeitete er bereits im Justizministerium – etwa zu den Themen Terrorismusbekämpfung und Unternehmensbetrug.

Justizminister Garland wählte also – womöglich als Versuch, größtmögliche Unabhängigkeit zu zeigen – ausgerechnet einen Mann, der im Fahrwasser Donald Trumps aufgestiegen ist.

Was für Auswirkungen könnte der Bericht haben?

Hurs Bericht weckt Erinnerungen an einen Pyrrhussieg einer anderen Demokratin: So gab der damalige FBI-Direktor James Comey zwei Tage vor der US-Wahl 2016 bekannt, dass er gegen Hillary Clinton in der E-Mail-Affäre nicht weiter ermitteln würde. Nur wenige Tage zuvor hatte er entsprechende Untersuchungen überraschend erst wieder aufgenommen. Clinton hatte in ihrer Zeit als Außenministerin zahlreiche dienstliche Mails über ihren privaten Server verschickt oder bekommen.

Der zeitliche Ablauf ist diesmal ein ganz anderer, Hurs Bericht erscheint in deutlich größerem Abstand zur Wahl 2024. Ähnlich ist aber das Muster: Eine eigentlich entlastende Nachricht wird in einem Kontext geliefert, der potenziell schaden kann. Im Falle Clintons war dies ihr sorgloser Umgang mit Staatsgeheimnissen – in dem Bidens seine angebliche Vergesslichkeit und Verwirrtheit. Ob dieser Vorgang allein Clinton die Präsidentschaft kostete, ist natürlich unklar. Klar ist: Eine Diskussion um seine geistige Verfassung kann Bidens Wiederwahl gefährden.

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World