Prozess gegen Polanski: Schauspielerin wirft ihm Missbrauch vor

Der Filmemacher Polanski sieht sich einer Klage wegen Verleumdung gegenüber.

Der Filmschaffende Roman Polanski (90) befindet sich erneut im gerichtlichen Scheinwerferlicht. Ab Dienstag, den 5. März, wird in Paris verhandelt. Hintergrund ist die Anschuldigung der britischen Darstellerin Charlotte Lewis (56), dass Polanski sie 1982, als sie noch nicht volljährig war, sexuell missbraucht haben soll. «Er wusste, dass ich 16 Jahre alt war, als er sich in seinem Pariser Appartement mir aufzwang», äusserte sie.

Im Zentrum des Gerichtsverfahrens steht jedoch nicht die mutmassliche Tat selbst. Vielmehr will Lewis den Regisseur wegen Verleumdung zur Rechenschaft ziehen, da Polanski ihre Anschuldigungen vehement zurückgewiesen und ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt hat.

Auslöser für den Prozess war ein Gespräch, das Polanski 2019 mit der französischen Zeitschrift «Paris Match» führte. In diesem Interview bezeichnete der als «Tanz der Vampire»-Regisseur bekannte Polanski die Behauptung von Lewis aus dem Jahr 2010 als «abscheuliche Lüge». Seiner Meinung nach wurde versucht, aus ihm ein «Monster» zu machen. Neben Polanski muss sich auch die Redakteurin von «Paris Match» wegen Verleumdung verantworten.

«Ich wollte seine Geliebte werden»: Aussagen von Lewis aus der Vergangenheit werden von Polanski zitiert

Polanski zitierte dabei ein Interview, das Lewis 1999 der britischen Boulevardzeitung «News of the World» gegeben hatte. Die Schauspielerin soll darin über ihn gesagt haben: «Ich war von ihm fasziniert, ich wollte seine Geliebte werden.» Und: «Ich begehrte ihn wahrscheinlich mehr, als er mich wollte.» Später sagte Lewis, dass die «News of the World» sie in ein falsches Licht gerückt hätte.

Darüber hinaus präsentierte Polanski im Interview mit «Paris Match» weitere Aussagen von Lewis. So habe sie 1986 gegenüber «France Soir» gesagt, dass sie Polanski «alles verdanke». Dieses Statement fiel in der Zeit, als sie 1986 mit dem Filmemacher den Film «Piraten» drehte – vier Jahre nach der mutmasslichen Vergewaltigung. Ihre Zusammenarbeit mit Polanski beschrieb Lewis auch 1986 in «Paris Match» als «absoluten Traum». Sie sprach von ihrer Beziehung zu Polanski als eine «Geschichte der Freundschaft». Der Regisseur vermutete 2019, Lewis wolle ihn aus «Frustration» verklagen.

Roman Polanski: Lange Liste der Beschuldigungen

In besagtem Interview für «Paris Match» monierte Polanski, dass Charlotte Lewis auf der «Liste seiner Anklägerinnen» erscheint, ohne dass die offensichtlichen Widersprüche in ihren Aussagen berücksichtigt würden. Tatsächlich ist die Liste mit Vorwürfen gegen Polanski lang: Als Folge der MeToo-Bewegung beschuldigten ihn mehrere Frauen, sie als Minderjährige misshandelt zu haben.

Bereits vor der MeToo-Bewegung wurde Polanski in den USA wegen Missbrauchs verurteilt. Der Regisseur hat nach Gerichtsakten in Los Angeles die damals 13-Jährige Samantha Geimer «unter Verwendung betäubender Mittel» vergewaltigt. Polanski bekannte sich des «ausserehelichen Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen» für schuldig und verbrachte 42 Tage hinter Gittern, bevor er vorzeitig entlassen wurde, unter der Empfehlung einer Bewährungsstrafe.

Als sich abzeichnete, dass ein Richter dieser Empfehlung nicht folgen und eine Haftstrafe drohen könnte, floh Polanski, der ursprünglich aus Polen stammt, nach Frankreich. Dort ist er seitdem ansässig, während in den USA weiterhin eine Verhaftung droht. Nun steht Polanski zum ersten Mal in seiner Wahlheimat wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht, obwohl erwartet wird, dass er nicht persönlich beim Prozess anwesend sein wird.