Er hat genug von den Missständen, nun will er selber eingreifen

Max Heinzer beendet im Sommer seine Karriere – schon vorher möchte der 36-Jährige aber Präsident von Swiss Fencing werden, dem von Unruhen geprägten Verband.

er hat genug von den missständen, nun will er selber eingreifen

Die EM in Basel im Juni wird Max Heinzers letztes Turnier, im Mai schon stellt er sich zur Wahl.

Max Heinzer hat einmal gesagt: «Im Kampf lasse ich mich nicht überraschen – weil ich immer einen Schritt vorausdenke.» Diese Herangehensweise hat sehr lange sehr gut funktioniert und dem 36-Jährigen eine grosse und erfolgreiche Fechtkarriere beschert.

Jetzt, da er sich seit einem Monat von seiner schweren Adduktorenverletzung erholt und in der Reha für ein letztes Gefecht schuftet, hält er es nicht anders. Ausser, dass er nicht einen, sondern sogar zwei Schritte vorausdenkt. Beim Treffen im Sportleistungszentrum OYM in Cham bestätigt der 18-fache Weltcupsieger, was für ihn schon länger klar ist: Heinzer wird im Juni seine fast 20-jährige Karriere beenden und den Spitzensport als Aktiver hinter sich lassen.

«Die Olympischen Spiele wären das eine von zwei letzten Zielen gewesen, Paris aber haben wir verpasst. Darum ist es nun die Heim-EM in Basel, die zu einem schönen Abschluss meiner Karriere werden soll», sagt er. Dabei denkt er auch an den Teamwettkampf, Heinzer war mit der Mannschaft dreimal Europameister. «Für mich war nach der Operation und dem Olympia-Out im März schnell wichtig, zu wissen, ob ich es zeitlich schaffe bis Basel. Jetzt habe ich noch 70 Tage, das reicht», sagt er optimistisch.

«Nicht nur zuschauen, sondern selbst handeln»

Doch so wichtig diese Ankündigung und dieser eine Schritt für ihn persönlich sind – die zweite, die er an diesem Nachmittag macht, ist für die Fechtschweiz von viel grösserer Bedeutung. Heinzer, der während zehn Jahren zu den Top Ten der Welt zählte und damit einer der Erfolgreichsten in seinem Metier ist, sagt: «Ich kandidiere im Mai für das Amt des Präsidenten von Swiss Fencing. Ich möchte künftig nicht nur zuschauen, sondern selbst handeln.»

Es ist sein zweiter Schritt, den er vorausdenkt – ein spektakulärer, vom aktiven Athleten direkt auf die hohe Funktionärsebene. Und es ist ein mutiger. Denn dazu muss man wissen, dass der Schweizerische Fechtverband in den vergangenen Jahren nicht die beste Figur abgab – in welcher Konstellation auch immer. Unruhe war die Konstante, und Intrigen mit aussenstehenden Kritikern prägten den Verbandsalltag und bremsten den Aufschwung.

Heinzer erzählt in diesem Zusammenhang nur von zwei Beispielen, die ihn selbst betrafen – einem «finanziell abstrusen und einem personalpolitisch fragwürdigen». So teilte der Verband seinen Spitzenfechtern zu Beginn der Olympiaqualifikation im Mai 2023 mit, dass sie künftig einen Teil der Reisekosten an die internationalen Turniere selbst bezahlen müssten – abgestuft nach erbrachter Leistung.

er hat genug von den missständen, nun will er selber eingreifen

Kompetenzgerangel und dazwischen Max Heinzer: Der Assistenztrainer Silvio Fernandez (links) wird über Nacht zum Sportchef und damit Boss von Nationaltrainer Stéphane Le Roy (rechts).

Zudem wurde nur eine Woche vor dem ersten Qualifikationsturnier in Istanbul «über Nacht» Silvio Fernandez, der Assistent des Nationaltrainers Stéphane Le Roy, zum Sportchef erhoben. Hierarchisch also eine Stufe über dem Nationaltrainer. «Das war ein krasser Entscheid, der einen Riesenkrach der beiden zur Folge hatte – und in Istanbul sollten sie uns dann geeint unterstützen.» Heinzer kann noch immer nur den Kopf schütteln. Für einen professionellen Athleten, der jedes Detail zu optimieren versucht, sind solche Vorgehen Störmanöver der gröberen Art.

Missstände angehen und dem Nachwuchs eine Zukunft bieten

Heinzers Absicht, an die Spitze des Verbandes aufzusteigen, ist keine Blitzidee. «Vor ein paar Monaten dachte ich ein erstes Mal daran, nachdem ich mehrmals auf ein Engagement angesprochen worden war. Mir war immer klar, dass ich im Fechtsport bleiben will. Seit fast 32 Jahren fechte ich und habe viel Know-how.»

In den vergangenen drei Jahren habe er als Mitglied eines jungen Teams gemerkt, wie gern er sein Wissen weitergebe, «und ich würde jungen Athleten gern einen Weg ermöglichen, wie ich ihn machte», sagt er. Was er in jüngster Zeit aber auch festgestellt hat: «Das Fechten ist weltweit extrem professionell geworden, da müssen wir den Anschluss halten.»

Seine Motivation entspringt deshalb nicht nur seiner Freude an der Arbeit mit Jüngeren, sondern vielmehr der derzeitigen Missstände im Verband. «Ich mag nicht alle aufzählen, aber beispielsweise fehlt jegliches Konzept, wie man Kinder in Schulen und Clubs für den Sport begeistert – sie sind die Zukunft.» Neben fehlender finanzieller Grundlage moniert er auch eine fehlende Trainerausbildung, kaum Karriereplanung für Spitzenfechter oder mangelhafte Strukturen beim Nachwuchs.

Heinzer hat diese Woche den derzeitigen Verbandspräsidenten Lars Frauchiger über sein Vorhaben informiert. Sein Heimclub Küssnacht am Rigi wird ihn bis zum 25. April als Kandidaten vorschlagen. Bekannt ist Heinzer, dass nicht nur er mit der derzeitigen Situation unzufrieden ist, sondern auch ein Grossteil der rund 60 Clubs, die Swiss Fencing angeschlossen sind. Deshalb sagt er: «Ich kann mir vorstellen, dass ich mit meinen Erfahrungen Veränderungen bewirken könnte.»

Athlet, Berater und Unternehmer

Der mittlerweile dreifache Familienvater hat Sportwissenschaften studiert und vor vier Jahren eine Ausbildung in Sportmanagement abgeschlossen. Heinzer hat sich im Lauf seiner Karriere mehrere Standbeine aufgebaut. So ist er seit zehn Jahren Bereichsleiter Sport der Fritz-Gerber-Stiftung, die jährlich gemäss seiner Expertise mehrere Sportlerinnen und Sportler mit einem mehrjährigen Förderbeitrag ausstattet. Und zusammen mit einem Kollegen gründete er ein Onlineunternehmen, das Fechtutensilien aller Art vertreibt.

Seine Erfahrungen beschränken sich also nicht nur auf die Fechtbahn. Heinzer ist sich aber auch im Klaren, dass der Fechtsport harter Boden ist und für Laien nur schwer zu verstehen. Dass mit mangelnder Fernsehpräsenz auch Sponsorengelder schwierig zu akquirieren sind. Doch er sagt: «Ich habe in all den Jahren so viele Extremsituationen erlebt, dass ich damit werde umgehen können.» Und: Er habe in seiner Karriere so viele Freundschaften geschlossen, aber sich wohl ebenso viele Konkurrenten geschaffen. Solche scheut er auch im kommenden Wahlkampf nicht.

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