„Fallout“: Nach dem Atomkrieg brauchen wir mehr Humor

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„Fallout“: Nach dem Atomkrieg brauchen wir mehr Humor

Computerspiele. Man kann sie spielen. Aber kann man sie auch verfilmen? Diese Frage wurde im Zusammenhang mit Adaptionen von „Games“ für das (Netz-)Kino immer wieder gestellt. Inzwischen muss man anfügen: die längste Zeit. Denn spätestens seit die HBO-Serie „The Last of Us“ – ein postapokalyptisches Streaming-Epos auf Basis der gleichnamigen Videospielreihe – bei den diesjährigen Emmy-Awards acht zentrale Preise einheimste, scheint die popkulturelle Salonfähigkeit der Dramatisierung von Gaming-Marken nicht mehr in Zweifel zu stehen.

Eine der lukrativsten dieser Marken ist die Rollenspielreihe „Fallout“, in der man als Spielerin oder Spieler in einer radioaktiv verstrahlten Zukunft nach der nuklearen Kriegskatastrophe ums Überleben kämpfen muss: Die Gesellschaft hat sich in verfeindete Fraktionen zersplittert, es gilt, seine Allianzen mit Bedacht zu wählen. Und nebst robustem Rüstzeug und wirksamen Waffen auch Sympathiepunkte von Entscheidungsträgern zu sammeln, die einem bei diversen Missionen in der mit vielen Gefahren gespickten Wüstenei behilflich sein können.

Dass „Fallout“ im Fahrwasser der laufenden Gaming-Begeisterung der Film- und Serien-Branche adaptiert werden würde, war klar: Die Reihe, die ihren wegweisenden Einstand bereits 1997 feierte und deren letzter Eintrag, „Fallout 76“, 2018 erschien, ist nicht zuletzt für ihr vielschichtiges „World-Building“ bekannt, also für die glaubhafte und unterhaltsame Ausgestaltung einer virtuellen Erzählwelt. Im Unterschied zu Spielen wie „The Last of Us“ hat „Fallout“ in dieser Welt aber keine lineare Narration, die Drehbuchautoren einfach übernehmen und anpassen könnten, jede Spielerfahrung ist anders und hängt von den Entscheidungen der Spielenden ab.

Insofern mussten sich die Urheber der „Fallout“-Serie (zu sehen auf Amazon Prime) – zu denen im Übrigen auch Jonathan Nolan gehört, der Bruder des „Oppenheimer“-Regisseurs Christopher Nolan – etwas Eigenständiges überlegen. In der ersten Episode deutet sich ihr Konzept an: statt einer Hauptfigur gibt es gleich drei auf die Hand, jede bekommt eine eigene Einführung mit eigenem Stimmungskostüm. Da wäre Lucy (Ella Purnell), die in einer unterirdischen Kolonie von Fallout-Überlebenden ihrem arrangierten Eheglück entgegenfiebert: Sie soll, nach altem Brauch, verheiratet werden an einen Unbekannten aus einem benachbarten Bunker, um mit ihm den Fortbestand der Gemeinschaft zu sichern. Achtung, Spoiler: Als sich die Hochzeit als Finte entpuppt, muss die tapfere und beherzte, aber unbedarfte „Tresorbewohnerin“, die ein wenig an die Titelheldin aus „Unbreakable Kimmy Schmidt“ erinnert, in die verödete Welt hinaus, um Schlimmeres zu verhindern. (Lucys Vater spielt übrigens Kyle MacLachlan, bekannt aus „Twin Peaks“.)

Der Ritter und der Westernheld

Unabhängig von Lucy vorgestellt wird auch der junge Maximus (Aaron Moten), der an der Erdoberfläche lebt, als Rekrut der „Bruderschaft des Stahls“ – einer Mischung aus Militärakademie, Mönchs- und Ritterorden, autoritär geführt und mit faschistoiden bzw. fundamentalistischen Zügen. Sowie Walton Goggins als „Ghoul“, der hier in Form eines zombifizierten Kopfgeldjägers erscheint: ein radioaktiver Mutant mit traumatischer Vergangenheit, bissigem Schmäh und kämpferischem Geschick, der im Geiste von Antihelden aus Neo-Western für die Ecken und Kanten der Serie sorgen soll.

Die „Fallout“-Reihe wird von Fans auch für ihren schwarzen Humor geschätzt, immer wieder nimmt sie – inspiriert von Postapokalypse-Kultstreifen wie „A Boy and His Dog“ (1975) – die ideologischen Grundstrukturen der USA und ihrer Widersacher auf die Schippe. „Fallout“, die Serie, wirkt auf den ersten Blick trotz ihres leicht cartoonesken Einschlags eher melodramatisch orientiert; schon der ersten Folge (ironischer Titel: „Das Ende“) mangelt es nicht an Pathos und bestürzenden Wendepunkten. Die Satire bleibt dabei eher oberflächlich.

Weidlich ausgekostet wird vor allem der Witz des ästhetischen Markenzeichens von „Fallout“, ein Kontrast zwischen dem anheimelnd retro-futuristischen „Jetsons“-Flair der Bunkerkommune und der brutalen Gewalt der „echten Welt“, in die sie ausgespuckt wird: Blutige Schlachtenszenen in Zeitlupe werden untermalt von betulichen Kuschelpopsongs aus den frühen 1960er-Jahren, deren Texte den augenzwinkernden Kommentar zum Geschehen liefern. Schon nach knapp einer Stunde hat man die Pointe satt. Wer wissen will, ob da noch geistreicheres kommt, muss weiterschauen, zumindest die Auftritte von Goggins lassen Hoffnung aufkeimen.

„Fallout“ wird sicherlich nicht die letzte Videospieladaption bleiben: Es steckt sehr viel Geld in den zahlreichen Gaming-IPs – den „intellectual properties“, also dem geistigen Eigentum –, mit denen Millionen von Fans auf der ganzen Welt abertausende Stunden von Spielzeit verbracht haben. Diese Goldgrube nicht zu nutzen, wäre aus Studiosicht schlichtweg fahrlässig. Außerdem hat sich längst herumgesprochen, dass viele Computerspiele herkömmlichen Serienproduktionen in puncto Erzählkunst in nichts nachstehen, diese zuweilen sogar übertreffen. „The Last of Us“ ist ein Musterbeispiel dafür, das Survival-Game punktet vor allem mit raffinierter Figurenzeichnung und einer ausgeklügelten Dramaturgie.

Doch diese Qualitäten brauch ein Spiel gar nicht, um auch als „klassische“ Bildschirm- oder Leinwand-Geschichte Erfolg zu haben. Der global zweiterfolgreichste Blockbuster des vergangenen Jahres (gleich hinter „Barbie“) war das Animationsspektakel „Der Super Mario Bros. Film“, der auf dem gleichnamigen Konsolenklassiker von Nintendo basiert. Die erste Verfilmung des Hüpf-&-Lauf-Hits rund um den kultigen, aber im Grunde charakterlosen Klempner Mario – aus dem Jahr 1993, mit Bob Hoskins als Mario und Dennis Hopper als Bösewicht – versuchte krampfhaft, die bunte Spielewelt ihrer Vorlage mit Science-Fiction-Substanz zu füllen. Das Ergebnis war faszinierend exzentrisch, hatte aber nichts vom quietschfidlen Ambiente des Mario-Universums. Und fiel kommerziell auf die Nase. Der neue Film trifft die Ästhetik des Konsolenvergnügens perfekt, hält seine Story simpel und familienfreundlich. Er ging an den Kinokassen durch die Decke. Zumindest in Bezug auf diese Grundlagen der Werktreue scheint „Fallout“ auf dem richtigen Dampfer zu sein.

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