Zweite Amtszeit für von der Leyen?: Warten bis zur letzten Minute

Mitte Februar will Ursula von der Leyen in Berlin erklären, dass sie als EVP-Spitzenkandidatin antritt. Vorerst schweigt sie. Dagegen haben Europas Sozialdemokraten ihre Entscheidung schon getroffen.

zweite amtszeit für von der leyen?: warten bis zur letzten minute

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen strebt eine zweite Amtszeit an.

Am 19. Februar will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der CDU in Berlin erklären, dass sie für eine zweite Amtszeit kandidiert. Dies bestätigten Kreise der Europäischen Volkspartei (EVP) dem Tagesspiegel. Zuvor hatte das Onlinemagazin „Politico“ darüber berichtet.

Damit wird auch klar, wer im Rennen um den Spitzenposten in der EU bei den beiden großen Parteienfamilien in Europa antreten wird. Auf der einen Seite soll der aus Luxemburg stammende EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit am 2. März als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei einem Parteikongress gekürt werden. Auf die europaweite Spitzenkandidatur hatte sich bei den Sozialdemokraten zwischenzeitlich auch die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), Hoffnungen gemacht.

Auf der anderen Seite soll von der Leyen – wenn sie erst einmal offiziell ihre Kandidatur erklärt hat – von der konservativen europäischen Parteienfamilie EVP bei einem Kongress am 7. März in Bukarest zur Spitzenkandidatin ausgerufen werden. Nach jetzigem Stand soll es keine Gegenkandidaten geben. Zur EVP gehört neben CDU und CSU unter anderem beispielsweise die österreichische ÖVP. Bis zum 21. Februar muss die EVP-Kandidatin für die Spitzenkandidatur und damit den Posten der Kommissionschefin nominiert sein.

Wir müssen uns von Entscheidungen der Sozialdemokraten nicht treiben lassen.

Dennis Radtke, CDU-Europaabgeordneter

Den zeitlichen Vorsprung der europäischen Sozialdemokraten bei der Kandidatenkür sieht man bei der EVP nicht als Problem. „Es steht seit langem fest, dass wir unsere Nominierung für die Spitzenkandidatur auf unserem Kongress Anfang März in Bukarest treffen werden“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke dem Tagesspiegel. „Wir müssen uns von Entscheidungen der Sozialdemokraten nicht treiben lassen.“

Falls die EVP bei der Europawahl anschließend erneut stärkste Fraktion im EU-Parlament werden sollte, hätte von der Leyen gute Chancen auf eine zweite Amtszeit als Kommissionschefin. Der Grund: Wer den Brüsseler Spitzenposten besetzen will, braucht neben der Unterstützung der Staats- und Regierungschefs auch eine Mehrheit im Europaparlament.

Bei ihrer Wahl im EU-Parlament erreichte von der Leyen im Jahr 2019 nur eine denkbar knappe Mehrheit. Ohne die Zustimmung nationalkonservativer Abgeordneter aus Ungarn und Polen wäre sie damals nicht gewählt worden.

Es ist wahrscheinlich, dass die EVP die größte Fraktion wird, aber geschwächt aus dieser Wahl hervorgeht.

Fabian Zuleeg, Experte vom „European Policy Centre“

Diesmal könnte eine Wahl der deutschen CDU-Politikerin sogar noch komplizierter werden. Nach der Einschätzung von Fabian Zuleeg vom „European Policy Centre“ ist es wahrscheinlich, dass die EVP wieder die größte Fraktion wird, aber geschwächt aus der Europawahl hervorgeht. „Das gilt aber auch für die anderen Parteien der Mitte“, so Zuleeg.

Dass von der Leyen noch bis Mitte Februar schweigen will, hängt auch damit zusammen, dass die 65-Jährige möglichst lange ihren Amtsbonus ohne das Etikett einer offiziellen Kandidatin nutzen will. Ihr Amt als Kommissionschefin kann von der Leyen auch als EVP-Spitzenkandidatin weiter ausüben. Der Verhaltenskodex der EU-Kommission sieht seit 2018 ausdrücklich vor, dass Mitglieder der Kommission bei Europawahlen als Kandidaten, auch als Spitzenkandidaten, antreten dürfen und dabei nicht wie früher ihr Amt ruhen lassen müssen.

Diese Änderung wurde auf Initiative des damaligen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker beschlossen, der damit die Mitglieder der Kommission mit Mitgliedern einer nationalen Regierung gleichstellen wollte. Sie können – wie etwa die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bundestagswahl 2017 – ebenfalls Regierungschefs bleiben, auch wenn sie in einem Wahlkampf als Kandidaten antreten.

Eine andere Frage ist, ob die jeweiligen Spitzenkandidaten der europäischen Parteienfamilien tatsächlich für das Europaparlament kandidieren. In der Vergangenheit wurde dies unterschiedlich gehandhabt. Bei der Europawahl 2014 stand der Name des damaligen EVP-Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker in Luxemburg nicht auf dem Wahlzettel der dortigen Christsozialen – anders als im Fall seines sozialdemokratischen Gegenkandidaten Martin Schulz bei der SPD in Deutschland.

Ursula von der Leyen war zuletzt 2019 in keiner Form bei der Europawahl angetreten. Sie gelangte lediglich aufgrund der Fürsprache der Staats- und Regierungschefs ins Amt. Damals wurde kritisiert, dass die Wahl von der Leyens ein klarer Bruch mit dem so genannten „Spitzenkandidaten-Prinzip“ sei.

Diesmal wird von der Leyen – ihre endgültige Bestätigung vorausgesetzt – immerhin als europaweite konservative Spitzenkandidatin antreten. Damit würde sie dem Vorwurf entgehen, erneut wie schon 2019 auf ihrem Weg an die Spitze der EU-Behörde, die Europawahl zu umgehen. Allerdings wird sie nicht auf der Landesliste der niedersächsischen CDU für das EU-Parlament kandidieren.

Das nationale Prozedere bei ihrem sozialdemokratischen Gegenkandidaten Nicolas Schmit ist noch offen. Bis Ende Februar solle geklärt werden, ob Schmit für die luxemburgische Arbeiterpartei LSAP für das Europaparlament antrete, hieß es bei den Sozialdemokraten im Großherzogtum.

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