Kommentar zum Rücktritt von Kurschus: Ein bitterer Abgang

kommentar zum rücktritt von kurschus: ein bitterer abgang

Nach ihrer persönlichen Erklärung verlässt EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus über einen Notausgang den Saal.

Der Rücktritt von Annette Kurschus zeigt, wie wenig öffentlichen Kredit mittlerweile auch die evangelische Kirche im Umgang mit sexualisierter Gewalt besitzt. Der enorme Druck, den die EKD-Ratsvorsitzende binnen kürzester Zeit zu spüren bekam, lässt sich nur vor dieser Folie verstehen. Schon der Verdacht eines Fehlverhaltens genügte, um die ranghöchste Kirchenvertreterin aus dem Amt zu fegen. Anders schien die Institution kaum mehr zu schützen. Dass keiner der Vorwürfe bisher bewiesen wurde, erklärt die Bitterkeit und die Verletzungen, mit denen die westfälische Präses nun aus ihren Ämtern schied.

Immer mehr Risse

Der Fall hat aber noch eine weitere Dimension. Kurschus fand im entscheidenden Moment auch deshalb so wenig Rückhalt in den eigenen Reihen, weil es auf der Führungsebene schon zuvor Spannungen gab. Nachdem die evangelische Kirche über viele Jahre im Vergleich zur katholischen Kirche einen recht intakten und geschlossenen Eindruck machte, tun sich nun auch dort verstärkt Risse auf. Die Erosion von Religiosität und kirchlicher Bindung zeitigt an der einen oder anderen Stelle sogar erste Absetzbewegungen.

In einer solchen Lage stehen Organisationen in der Regel vor einer Gabelung. Entweder sie analysieren schonungslos die eigene Lage, rücken zusammen und schlagen dann einen, meist entbehrungsreichen, Weg nach vorn ein. Oder man verschanzt sich im noch Bestehenden und nimmt damit in Kauf, dass die näher rückende Krise immer stärker konfliktverschärfend nach innen wirkt. Die katholische Kirche mit ihrem lähmenden Grundsatzkonflikt zwischen ihren theopolitischen Lagern, der nicht zuletzt über die Missbrauchsfrage ausgetragen wird, ist dafür ein mahnendes Beispiel.

Auch die evangelische Kirche hat schon viele Jahre verplempert. Ein scharfer Abbruch auf allen Ebenen lässt sich ohnehin nicht verhindern. Es geht um die Frage, wie die Kirche trotz der bevorstehenden, historischen Transformation überhaupt wirkmächtig bleiben kann.

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