Dubioser Machtkampf in der Baywa

dubioser machtkampf in der baywa

Bleibt weiter im Amt: Baywa-Chef Marcus Pöllinger

Auf der Grünen Woche in Berlin präsentierte sich der Vorstand des Agrarriesen Baywa in trauter Eintracht. „Heute war ein besonderer Tag, eine anstrengende Woche ist zu Ende gegangen. Die Baywa steht stark wie seit 100 Jahren geschlossen im Vorstand“, sagte der Vorstandsvorsitzende Marcus Pöllinger auf dem sogenannten Baywa-Abend, zu dem Deutschlands größtes Agrar- und Baustoffhandelsunternehmen jedes Jahr einlädt. Bei der Veranstaltung geben sich Bundes- und Landespolitiker ebenso die Ehre wie Vertreter vom Bauernverband und der Landjugend.

Wenige Stunden zuvor hatte ein dubioser Machtkampf zwischen Pöllinger und Teilen des Baywa-Aufsichtsrats ein überraschendes Ende genommen. Es war ein Paukenschlag: Chefkontrolleur Klaus Josef Lutz, der das Gremium zu einer außerordentlichen Sitzung eingeladen hatte, erklärte im Anschluss seinen sofortigen Rücktritt. Dem Vernehmen nach hatte er gegen Pöllinger Untersuchungen wegen mutmaßlicher Compliance-Verstöße eingeleitet.

Vielen sprach für einen Rauswurf

Vieles deutete vor der Sondersitzung darauf hin, dass Pöllinger wegen der möglichen Missachtung der Regeln guter Unternehmensführung nicht im Amt zu halten sein würde. Doch es kam anders. Der Aufsichtsrat habe „eingehend über den Vorwurf eines mutmaßlichen Compliance-Verstoßes“ von Vorstandschef Pöllinger beraten, teilte die Baywa mit – und Pöllinger dann „das uneingeschränkte Vertrauen ausgesprochen.“ Die genauen Hintergründe sind bislang unklar.

In der Baywa wird nun gerätselt, wie es zum Zerwürfnis zwischen Lutz und dem erst seit neun Monaten amtierenden Pöllinger gekommen ist. Der heute 65 Jahre alte Lutz, der die Baywa eineinhalb Jahrzehnte als Vorstandsvorsitzender führte, hatte in dieser Zeit den 20 Jahre jüngeren Pöllinger zielstrebig zu seinem Nachfolger im Unternehmen aufgebaut. Die Baywa handelt mit Getreide, Obst, Dünger, Traktoren und Heizöl und gehört zu den großen Unternehmen im Geschäft mit Erneuerbaren Energien. Der Umsatz erreichte zuletzt 27 Milliarden Euro, Hauptaktionäre sind Raiffeisen-Gesellschaften. Unter Lutz’ Ägide war die einst weitgehend auf den heimischen Agrarhandel beschränkte Baywa international gewachsen. So kaufte Lutz Obsthändler in Neuseeland und investierte in Windkraftanlagen.

Lob für Ex-Vorstandschef Lutz

Lobende Worte kamen am Wochenende nur von Aufsichtsratsmitglied Wilhelm Oberhofer: „Klaus Josef Lutz hat die Baywa zu einem weltumspannenden Konzern entwickelt.“ Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens sei ohne Lutz „nicht denkbar gewesen“, die Baywa „verdankt ihm sehr viel.“ Andere Mitglieder im Aufsichtsrat, dem Bauernpräsident Joachim Rukwied ebenso angehört wie die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier, äußerten sich nicht. Auf Anfrage teilte eine Sprecherin der Baywa mit, dass „wir uns zu diesem abgeschlossenen, firmeninternen Vorgang nicht näher äußern möchten.“

Nun machen Gerüchte die Runde. Aus dem Umfeld der Baywa ist zu hören, dass der Aufsichtsrat die möglichen Compliance-Verstöße seines Vorstandschefs „unter den Teppich kehren“ wolle. Gewiss werden die Baywa-Aktionäre Fragen zu den Vorgängen in ihrem Unternehmen haben. Sie müssen sich damit aber gedulden, die Hauptversammlung des Münchner S-Dax-Konzerns ist erst im Juni.

Bis dahin will der Vorstand sich also weiter geschlossen präsentieren, wie auch Finanzvorstand Andreas Helber deutlich machte. Ihm war nachgesagt worden, er habe sich mit Pöllinger überworfen. „Es gibt keinen Machtkampf im Vorstand“, sagte Helber auf dem Baywa-Abend in Berlin. „Wir sind ein geschlossenes Vorstandsteam, wir arbeiten hervorragend zusammen, nach vorne und auf die Zukunft der BayWa ausgerichtet.“

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