Gekaufte Rezensionen: Das Geschäft mit Fake-Bewertungen im Netz

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Gekaufte Rezensionen: Das Geschäft mit Fake-Bewertungen im Netz

Peter1965: „Mini Portionen, schlechter Service, überteuert“; BlauerFisch62: „Unfreundlicher Kellner, gerne nimmer wieder“; 12_Lisl_20: „Definitiv NICHT empfehlenswert.“ Wenn Sie schon einmal im Internet nach einem Hotel oder einem Restaurant gesucht haben, sind Sie bestimmt schon auf negative Online-Bewertungen gestoßen. Oder vielleicht haben Sie selbst schon einmal eine geschrieben? 

Bewertungsportale spielen nicht nur bei der Entscheidungsfindung eine Rolle – sie sind auch der Ort, an dem Nutzer:innen ihre Erlebnisse teilen können, oft sogar anonym oder unter einem Decknamen. Dies birgt auch das Risiko von Missbrauch und der Verletzung der Privatsphäre von Personen oder Unternehmen. Und Hoteliers, Gastronom:innen und Unternehmen leiden vermehrt unter Fake-Bewertungen oder gekauften Rezension – die auch geschäftsschädigend sein können. Die Wirtschaftskammer schlägt Alarm: „Bewertungstools werden zunehmend zweckentfremdet, um oft absichtlich unwahre Behauptungen zu verbreiten. Durch Bots und künstliche Intelligenz verschärft sich die Situation zusätzlich“, heißt es in einer Aussendung. Einen neuen Vorstoß gegen falsche Rezensionen unternahm erst kürzlich die ÖVP und forderte eine Klarnamenpflicht. Kann sie wirklich was bringen?

„In Krisen werden die Menschen extremer“, meint die Wirtschaftspsychologin Julia Pitters im profil-Gespräch. „Die Zündschnur wird immer kürzer“, und die Menschen würden dann versuchen, ihr Wertesystem noch stärker zu verteidigen. „Vor allem, wenn man finanziell unter Druck ist, hat man einen kleineren Toleranzbereich, wenn man gewisse Dienstleistungen in Kauf nimmt“, meint Pitters. Das setze eine gewisse Kettenreaktion in Kraft, die auch die Dienstleister unter Druck setzen würde. Die einfache Rechnung geht so: Ein negatives Posting sticht mehr heraus als ein positives. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der sogenannten Emotionsheuristik, die man auch von klassischen Nachrichten kennt. Heißt: Wenn Menschen emotionalisiert werden, wird die Information viel stärker verarbeitet und wirkt sich dadurch auf Konsumentscheidungen und Meinungen aus.

Businessmodell Fake-Bewertung

Das nutzen Betrüger:innen immer öfter aus. Das Business mit gefälschten Bewertungen scheint zu boomen: Es gibt vermehrt Agenturen, die Kund:innen eine bestimmte Anzahl an positiven oder negativen Rezensionen anbieten. Unterschwelliger und weniger professionell findet das Geschäftsmodell auch in Facebook- und WhatsApp-Gruppen statt. Deren Mitglieder können für gefälschte, selbst geschriebene Bewertung sich etwas Geld dazuverdienen oder verbilligte Waren erhalten. 

Eine Klarnamenpflicht bei Online-Bewertungen sieht Pitters deshalb positiv, da es zu mehr Transparenz führen würde. Wenn es online keine Konsequenzen gibt, dann werden Extremisierungsprozesse beschleunigt – eine Klarnamenpflicht würde dem entgegenwirken. 

Gen Z verlässt sich besonders auf Online-Bewertungen

58 Prozent der Österreicher:innen finden Online-Rezensionen laut einer Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent wichtig. Vor allem die Generation Z schaut auf Web-Bewertungen: Fast acht von zehn jungen Menschen orientieren sich daran. Es wird allerdings zwischen Produktkategorien differenziert: Bei Reisen und Urlaub, Technik und Gastronomie sind Online-Rezensionen laut Umfrage am meisten ausschlaggebend.

Mehr als die Hälfte der Befragten gibt allerdings auch an, dass ihnen bereits gefälschte Rezensionen aufgefallen sind und schätzen, dass mehr als ein Drittel aller Bewertungen gefälscht sind. Zudem gaben 86 Prozent an, aufgrund negativer Rezensionen schon einmal von einem Kauf oder einer Buchung Abstand genommen zu haben. 

Klarnamen-Pflicht nur schwer durchsetzbar

Wie können sich als Kund:innen sicher sein, dass sie sich nicht von gefälschten Rezensionen austricksen lassen? Wenn ein bestimmter Account besonders viele Bewertung auf einmal veröffentlicht, dann sollte man jedenfalls misstrauisch werden, erklärt Daniela Zimmer, Konsument:innenschutz-Expertin von der Arbeiterkammer. Auch die Länge und Formulierung der Rezension könnten ein Indiz sein: “Bemerkt man sprachliche Auffälligkeiten, wie wenn der Kommentar zu werblich, zu positiv oder zu negativ verfasst wurde, sollte man sich das genauer ansehen”, so Zimmer. 

Der ÖVP-Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky sprach sich bei einer Pressekonferenz am Mittwoch für eine EU-weite Klarnamenpflicht aus. Wie genau das umgesetzt werden soll, ist allerdings noch nicht klar. Möglich wäre etwa die Autorisierung mithilfe eines Ausweis-Scans – Daniela Schütz gibt allerdings zu bedenken, dass dies den Kund:innen nicht zur Last fallen darf. „Man muss hier abwägen, ob der/die Verbraucher:in sich die Mühe machen würde, eine Video-Authentifizierung durchzuführen. Oft ist das völlig außer Verhältnis“, so die Konsument:innenschützerin.

Verantwortung liegt bei den Anbietern

Viel mehr sollten große Plattformen in die Verantwortung genommen werden, gefälschte Rezensionen zu ahnden. Zum Teil geschieht das bereits: Amazon geht mit eigenen Prüfteams und Tools, die suspekte Rezensionen erkennen, gegen Fake-Bewertungen vor. 

Bei einer ersten Klage gegen ein Fake-Bewertungsportal in Österreich hat der Online-Riese diese Woche vor Gericht Recht bekommen. Das Portal hatte Zahlungen und stark verbilligte Produkte im Austausch für gefälschte positive Bewertungen im deutschen Amazon-Shop angeboten. Der Betreiber musste jetzt alle gefälschten Bewertungen offenlegen und weitere Rezensionen einstellen.

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