Warum soll die Bundeswehr vor China patrouillieren? Baerbock bleibt eine Antwort schuldig
Außenministerin Annalena Baerbock an Bord der Fregatte „Baden-Württemberg“
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will, dass die Bundeswehr deutsche Schiffe vor der chinesischen Küste schützt. Doch auf Nachfrage nach den Motiven der Marinemission bleibt das Auswärtige Amt eine schlüssige Antwort schuldig.
Im Rahmen der Mission Indo-Pacific Deployment 2024 sind die Marineschiffe „Baden-Württemberg“ und „Frankfurt am Main“ Mitte Mai in See gestochen. Sie sollen im Indopazifik „das Engagement Deutschlands für freie und sichere Schifffahrtswege, eine regelbasierte internationale Ordnung und eine verstärkte Zusammenarbeit für maritime Sicherheit unter Beweis stellen“, erklärt die Bundeswehr.
Baerbock hatte Anfang Mai am Rande ihres Besuchs in Neuseeland erklärt, sie könne sich vorstellen, dass die deutschen Marineschiffe auch die Taiwanstraße durchqueren. Die Meerenge trennt China von der Republik Taiwan. In letzter Zeit kommt es in der Taiwanstraße immer wieder zu Zwischenfällen. Die USA und China rüsten ihre Streitkräfte in der Region enorm auf. Bei einer militärischen Eskalation droht ein Krieg mit der direkten Konfrontation der beiden Supermächte.
Baerbock hat betont, dass das „Recht der friedlichen Durchfahrt“ auch für die Straße von Taiwan gilt. „Da gelten dieselben Regeln wie in allen vergleichbaren Meeresgebieten, wo unsere Schiffe und andere Schiffe langfahren“, sagte die Bundesaußenministerin. Auf dieser Grundlage finde die Übungsmission der beiden Schiffe statt.
Muss die Marine also ausrücken, weil deutsche Schiffe unmittelbar von China bedroht sind? Nachgefragt beim Auswärtigen Amt relativiert sich die Gefahr erheblich. „Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, ob und gegebenenfalls welchen Schiffen deutscher Provenienz in den vergangenen zwei Jahren die Durchfahrt durch die Straße von Taiwan verwehrt wurde“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (Bündnis Sahra Wagenknecht, BSW), die der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt.
Peking sieht sich mit dem Manöver provoziert. China habe das Recht auf freie Schifffahrt stets respektiert, lehne es aber entschieden ab, dass ein Land im Namen der Freiheit der Schifffahrt Chinas Souveränität und Sicherheit provoziere und bedrohe, hat Außenamtssprecher Lin Jian erklärt. Peking hoffe, dass Länder außerhalb der Asien-Pazifik-Region dem Frieden und der Stabilität in der Taiwanstraße keinen Ärger bereiteten.
Wenn aber keine deutschen Schiffe in der Taiwanstraße unterwegs sind, welche deutschen Werte werden dann vor der chinesischen Küste verteidigt? Das Auswärtige Amt bleibt allgemein: „Die Bundesregierung setzt sich auch im Indo-Pazifik für die Einhaltung internationalen Rechts ein“, heißt es in der Antwort. Deutschland leiste einen wichtigen Beitrag zu Frieden und Stabilität in der Region. Der chinesische Anspruch auf Taiwan wird nicht infrage gestellt: „Die Ein-China-Politik der Bundesregierung gilt unverändert fort“, heißt es.
Für Dagdelen, die außenpolitische Sprecherin der BSW-Gruppe im Bundestag und Obfrau im Auswärtigen Ausschuss ist, ist Baerbocks Vorgehen bezeichnend. „Grünen-Außenministerin Baerbock hat nicht einmal einen Hauch einer Rechtfertigung für ihre Kanonenbootfahrt, angesichts der Ahnungslosigkeit, was die Straße von Taiwan angeht“, sagt sie der Berliner Zeitung. „Die Bundesregierung darf die Bundesmarine nicht weiter für gefährliche militärische Muskelspiele gegen China im Fahrwasser der USA missbrauchen“, so Dagdelen. „Die deutsche Bundeswehr hat in der Straße von Taiwan nichts verloren.“