Ursina Lardi im Gespräch: „Ich gehe ins Offene mit allem, was ich habe“

ursina lardi im gespräch: „ich gehe ins offene mit allem, was ich habe“

Von der Einsamkeit des Tintenfischs: Ursina Lardi

Frau Lardi, Sie vergeben in diesem Jahr beim Berliner Theatertreffen den Alfred-Kerr-Darstellerpreis. Wie definieren Sie den Beruf des Schauspielers, der Schauspielerin?

Mir wäre es lieber, konkret über eine Rolle oder eine Inszenierung zu sprechen, als eine allgemeine Jobbeschreibung zu liefern.

Gut, dann konkret: In dem Stück „Verrückt nach Trost“, geschrieben und inszeniert von Thorsten Lensing und uraufgeführt bei den Salzburger Festspielen 2022, spielten Sie unter anderem einen Oktopus. Wie haben Sie das gemacht?

Ich habe versucht, eine Essenz zu treffen, nicht einen Oktopus zu imitieren. Der Tintenfisch ist ein Einzelgänger, ein Solist, er ist ein hochintelligentes Wesen mit drei Herzen, neun Gehirnen und acht Beinen, eine leibhaftige Übertreibung – und wird nur vier Jahre alt. Er steckt in einer evolutionären Sackgasse, weil er sein Wissen nicht weitergeben kann, denn wenn er Nachwuchs kriegt, stirbt er. Die Einsamkeit, die ich dem zuschrieb, war für mich seine Essenz. Außerdem ist der Oktopus ein Verwandlungskünstler, er verwandelt sich auf der Flucht in den Feind seines Feindes oder aus Tarngründen in einen Stein. Er spielt also permanent. Ich könnte nicht jedes Tier spielen, doch beim Tintenfisch ging es, zu ihm konnte ich ein Verhältnis aufbauen.

ursina lardi im gespräch: „ich gehe ins offene mit allem, was ich habe“

Eingeladen zum Theatertreffen: Ulrich Rasches Inszenierung von „Nathan der Weise“ mit Nicola Mastroberardino (Sultan Saladin) und Valery Tscheplanowa (Nathan).

„Anordnen gibt's bei uns sowieso nicht“

Ist Ihnen das eingefallen, oder hat es der Regisseur so angeordnet?

Anordnen gibt’s bei uns sowieso nicht, wir finden die Dinge gemeinsam raus. In dem Stück kommt ein Tiefseetaucher vor, den Sebastian Blomberg spielt. Wir überlegten, wem er begegnen könnte, mit wem er in einen Dialog treten könnte. Da gab es die Kinder am Strand, also meine Rolle der zehnjährigen Charlotte, und die Tiere im Meer, so kam es zum Tintenfisch. Charlotte und der Oktopus haben viel gemeinsam, sie sind Waisen, sie sind klug und einsam und für ihre Mitwesen eine Überforderung. Zwischen den beiden verschwimmen die Grenzen immer wieder. Das war so interessant daran, mein Oktopus ist ein Geschöpf zwischen Mensch und Tier.

Theater als ein großes Kinderspiel? Pu­blikum und Kritik waren damals begeistert.

Wir spielen da zwei Kinder, die ihre toten Eltern spielen, um sie auf diese Weise am Leben zu erhalten. Spielen ist für sie eine Überlebenstechnik. Erwachsene Schauspieler spielen also Kinder, die Erwachsene spielen. Und das Wunderbare war, dass das Publikum es von der ersten Sekunde an akzeptierte. Es spürte, dass das Spiel im Zentrum steht, und genau das schien es in besonderer Weise zu berühren.

Können Sie sich das erklären?

Es hat vielleicht damit zu tun, dass wir das alle kennen. Wir müssen alle ständig spielen, um über die Runden zu kommen. Für mich ist spielen Sein. Ich nehme mich immer mit, wenn ich auf der Bühne oder vor der Kamera stehe. Ich trete wirklich in Kontakt mit der Situation, die mich dort erwartet, ich gehe ins Offene mit allem, was ich habe. Wenn ich meiner Rolle begegne, bin ich stets als Person mit dabei.

Reduziert diese persönliche Grundierung das Spektrum Ihrer Rollen?

Aber nein, wir sind ja viele! Deshalb frage ich mich nicht, wie ist meine Figur? Ich frage: Was passiert ihr? Was tut sie? Was sagt sie? Und daraus ergibt sich Moment für Moment, wie oder wer sie ist. Etwas in mir ist dann genauso. Ich tue nicht so, als ob ich wütend wäre, ich bin in dem Augenblick wirklich wütend.

Dafür brauchen Sie ebenbürtige Partnerinnen und Partner?

Ja, das ist wie beim Tennis. Für ein gutes Match muss bei allen Spielenden die Energie, die Balance und die Freude am Risiko stimmen.

Wie nehmen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne wahr, wie beurteilen Sie als Zuschauerin Aufführungen?

Das mit dem Wahrnehmen ist gar nicht so einfach, weil die Spielenden oft zugemüllt werden mit allem möglichen Zeug – Sounds, Videos, Lichteffekte, Raumplanungen, Regiekonzepte. Und, nun ja, nicht immer gibt es da eine inhaltliche Notwendigkeit – häufig sind es lediglich Gewohnheit, Mode, Reproduktion eines einmal gefundenen Rezeptes. Wie soll ein Schauspieler unter all diesem Ballast künstlerisch abheben können? Allein schon die allgegenwärtigen Mikroports . . . Ich ernte zwar viel Hohn und Spott, wenn ich mich dagegen wehre, aber egal. Ich will es selbst in der Hand haben, ob ich laut oder leise spreche, ich will nicht, dass das jemand steuert und auspegelt. Mir ist es unbegreiflich, dass eine Idee in einer Inszenierung wichtiger ist als der Mensch, der sie umsetzt.

„Mich faszinieren alte Menschen auf der Bühne“

Wie soll der freilich aussehen? Nicht wenige Schauspieler unterziehen sich kosmetischen Eingriffen, um einem Schönheitsideal zu entsprechen und so vielleicht ihre Chancen auf dem Markt zu erhöhen.

Das lehne ich schon aus künstlerischen Gründen ab, denn mich faszinieren alte Menschen auf der Bühne. Außerdem investiere ich ungern in Schlachten, die ohnedies nicht zu gewinnen sind. Es geht nur um den Zeitpunkt der Niederlage. Ich unterwerfe mich lieber der Macht des Lebens und des Verfalls als der von Chirurgen. Ich bin zuversichtlich, dass zunehmend auch die ältere und alte Frau eine größere Sichtbarkeit in Film und Fernsehen und auf der Bühne haben wird.

Ist das Theater ein Betrieb, dessen Mechanismen einen unter Umständen in den Zynismus treiben können?

Mich nicht, weil ich das Privileg habe, mir meine Arbeitszusammenhänge aussuchen zu können. Ich achte zudem stets auf einen gewissen Abstand zum Betrieb und fühle mich eher wie ein Gast. Aber klar, wenn man permanent etwas machen muss, was man eigentlich nicht will und was mit einem auch nichts zu tun hat, weil man nicht wirklich gesehen wird, kann man bestimmt zynisch werden.

Wie lange wird es das Theater als Kunstform noch geben?

Immer. Es ist einzigartig, dass da vorne leibhaftig ein Mensch steht und etwas tut und andere schauen zu. Man braucht so wenig dafür, man kann es überall machen. Diese Idee ist dermaßen simpel und gut, die ist nicht totzukriegen!

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