Altbauten in Dormagen: werden von einer Sanierungspflicht verschont.
Für deutsche Hauseigentümer sind es gute Nachrichten, zumindest auf den ersten Blick. Die ungeliebte Pflicht zur Zwangssanierung von Altbauten ist auf EU-Ebene vom Tisch. Chefunterhändler von EU-Parlament und Ministerrat haben sich am Donnerstagabend in Brüssel auf einen Kompromiss zur Gebäude-Richtlinie geeinigt. Die Eigentümer alter Wohngebäude mit schlechten Energiestandards müssen diese damit nicht mehr innerhalb von wenigen Jahre mindestens auf das Niveau der Energieklasse D bringen.
Stattdessen werden die Mitgliedstaaten in die Pflicht genommen. Sie müssen den Energieverbrauch des Wohnhäuser-Gebäudebestands bis zum Jahr 2030 um 16 Prozent und bis zum Jahr 2035 um 20 bis 22 Prozent zu senken bezogen auf das Referenzjahr 2020. 55 Prozent der Einsparungen sollen sie im Falle von Gebäuden mit den schlechtesten Energieeffizienzstandards erreichen.
Anderer Ansatz als bisher vorgesehen
Das ist ein anderer Ansatz, als von der Europäischen Kommission vorgesehen. Die wollte zunächst die Gebäude neu einstufen: Die 15 Prozent mit der schlechtesten Energiebilanz sollten in Klasse G, die Null-Emissions-Gebäude in Klasse A landen. Alle weiteren Gebäude sollten nach Verbrauch gleichmäßig abgestuft dazwischen eingeordnet werden. Anschließend sollten die Besitzer verpflichtet werden, die Häuser zu sanieren. Das Europaparlament wollte ihnen bis zum Jahr 2033 Zeit geben, um die Klasse D zu erreichen. Allerdings sollte es davon Ausnahmen geben.
Die EU-Staaten hatten sich dagegen von Anfang an gesperrt. Sie hatten schon im Herbst des vergangenen Jahres vereinbart, dass die Wohnhäuser im jeweiligen Land nur im Durchschnitt bis zum Jahr 2033 die Klasse D erreichen müssen. Auch das wäre darauf hinausgelaufen, dass es für einzelne Hausbesitzer keinen Sanierungszwang gegeben hätte.
Die Bundesregierung, allen voran Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), hatte nach dem deutschen Heizungsstreit darauf gedrungen, auf individuelle Vorgaben und möglichst vollkommen auf jede Referenz zu Gebäudeklassen zu verzichten. Im Europaparlament waren die deutschen Christdemokraten und FDP-Politiker gegen den Sanierungszwang Sturm gelaufen.
Entsprechend positiv viel das Urteil von dort aus. „Für Millionen Eigentümer und Mieter in Deutschland ist das eine beruhigende Nachricht. Omas Häuschen ist sicher“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke nach der Einigung.
Tatsächlich ist die Frage, was das für Eigentümer und Mieter bedeutet mit dem Beschluss, der noch offiziell von Europaparlament und Ministerrat angenommen werden muss, nur vertagt.
Der Sanierungsdruck bleibt erhalten
Es steht den Mitgliedstaaten frei, Sanierungspflichten auf ihrem Gebiet einzuführen. Der Sanierungsdruck bleibt über die nationalen Einsparziele erhalten. Diese weichen zumindest nicht fundamental ab von dem, was der Energieklassen-Ansatz mit sich gebracht hätte. Genau sagen, lässt sich das nach Angaben aus Verhandlungskreisen noch nicht, weil nicht alle Details und Datengrundlagen bekannt sind. Das Europaparlament hatte allerdings für das Jahr 2035 ein viel höheres Einsparziel von 35 Prozent statt der beschlossenen 20 bis 22 Prozent gefordert.
So fiel die Bilanz von den Befürwortern des Kommissionsvorschlags nach der Einigung auch gar nicht unbedingt negativ aus. „Das ist ein europäischer Erfolg, trotz einer massiven Angstkampagne durch die CDU“, sagte der Europaabgeordnete der Grünen, Michael Bloss. Von einem „wichtigen, wenngleich unzureichenden Schritt in die richtige Richtung“, sprach der Vorstand der Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF), Christian Noll. Das Ambitionsniveau bleibe allerdings weit hinter dem zurück, was zur Erreichung der Klimaziele notwendig wäre. Eine ausführliche Bewertung der Einigung sei aber erst möglich, wenn alle Details vorlägen.
Als Win-win-Situation für die Bürger, bezeichnete den Kompromiss EU-Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič. Er führe zu niedrigeren Emissionen und Energierechnungen gleichermaßen und setze dabei auf das richtige Gleichgewicht zwischen EU-Vorgaben, nationaler Umsetzung, individueller Autonomie und Finanzhilfen.
Beschlossen haben die Unterhändler auch den Ausstieg aus Heizungen mit fossilen Brennstoffen. Die Staaten sollen in ihren verpflichtenden nationalen Gebäuderenovierungsplänen einem Fahrplan für den Ausstieg bis zum Jahr 2040 aufnehmen. Subventionen für solche Heizungen soll es höchstens bis 2025 geben. Für Nicht-Wohngebäude wie Büros sieht die Einigung Einsparziele von 16 Prozent bis zum Jahr 2030 und mindestens 16 Prozent bis 2033 vor. Grundsätzlich müssen bis 2030 alle Neubauten Null-Emissions-Häuser sein. Neubauten, öffentliche Gebäude und andere Nicht-Wohngebäude, die genehmigungspflichtig renoviert werden, müssen so möglich mit Solarenergieanlagen ausgestattet werden.
Der Gebäudesektor ist in Europa für 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich.
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