Soll die Armee wirklich kriegstüchtig werden, müssen sich die Minister Lindner und Pistorius zusammenraufen. Am Geld darf das nicht scheitern.
Üben für den Verteidigungsfall – die Bundeswehr.
Für den Bundeshalt gilt, frei nach Goethe: Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles. „Ach, wir Armen!“ Und während der eine, der Finanzminister, seine Kasse verteidigt, muss der andere, der Verteidigungsminister, einen Vorstoß nach dem anderen wagen. Denn der Bundeswehr fehlt es an nahezu allem, nicht zuletzt an Soldaten. Das sind im Blick auf Aggressor Russland nicht die besten Aussichten.
Da sind Ideen Gold wert. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner hat im Blick auf die Verteidigungsbereitschaft und die „Kriegstüchtigkeit“ der Bundeswehr die Reserve für sich entdeckt. Einmal für sich selbst – er ist Major der Reserve in der Luftwaffe –, darüber hinaus für die Streitkräfte insgesamt.
Die Reserve stärken, das heißt: Bürgerinnen und Bürger sollen sich parallel zum Zivilberuf freiwillig verpflichten, über einen längeren Zeitraum hinweg der Bundeswehr regelmäßig zur Verfügung zu stehen. So stellt es sich Lindner vor. Das ist eine Herausforderung.
Noch eine, und das, wo sich die Bundeswehr ohnedies über einen Mangel an Herausforderungen nicht beklagen kann. Denn die Reservisten müssen in ihren Bereichen so qualifiziert werden, dass die zivilen Arbeitgeber auch etwas davon haben. Was das wieder kostet … Nicht nur Nerven, Planung, Konzepte, sondern am Ende auch: Geld.
Der Arbeitskräftemangel ist auch ein Gegner
Lindners Vorschlag ist eine Antwort auf die Überlegung von Wehrminister Boris Pistorius, den verpflichtenden Wehrdienst neu aufzulegen. Der Finanzminister befürchtet allerdings, dass hier die Kosten angesichts des Arbeitskräftemangels in einer alternden Gesellschaft sehr hoch wären. Zu hoch. Zum Gelde drängen schon arg viele.
Pistorius, die Gesamtsicherheitslage im Blick, lässt dagegen derzeit prüfen, inwieweit die Wehrpflichtpraxis in skandinavischen Ländern helfen kann. In Schweden etwa werden ganze Jahrgänge angeschrieben und registriert, dann wird eine erste Auswahl getroffen, militärisch „Musterung“ genannt. Am Ende bedeutet das, dass nicht alle aus einem Jahrgang wirklich Militärdienst leisten. Und: Damit es möglichst viele tun, müssen die Anreize stimmen. Wahrscheinlich doch auch die finanziellen.
Ziemlich sicher haben lassen sich die Argumente beider Minister zusammenführen. Denn der Bundeswehr fehlen Soldaten. Und ehe die Lage endgültig prekär wird, muss im Personalbereich eigentlich alles Mögliche, jedenfalls alles Genannte, gemacht werden.
34.000 lautet die Zahl für die jährlich dienenden Reservisten, 50.000 sollen es werden. Nun wird bei den Männern und Frauen, die 2023 Reservistendienst geleistet haben, zwar ein Plus vermeldet – aber auf 19.100, von 18.700 im Vorjahr. Hier muss also sowieso schon etwas getan werden.
Nur zum Vergleich. Russland meldet 1,5 Millionen Reservisten. Wobei in Deutschland – ohne NVA-Angehörige – 900.000 Ehemalige den Status Reservist haben und unter 65 Jahre alt sind. Wie viele insgesamt einsetzbar wären, müsste erst einmal herausgefunden werden.
Aber es ist ja so, dass die Bundeswehr – erst recht im Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine – bis 2031 auf 203.000 Soldaten wachsen soll. Bloß ist die Zahl der Soldatinnen und Soldaten vergangenes Jahr trotz aller Bemühungen auf 181.500 gesunken – wohlgemerkt: nicht gestiegen, wie geplant, sondern noch einmal gesunken. Ende 2022 hatte die Bundeswehr noch 183.050 Soldaten.
Pistorius spürt jetzt verschärft die Auswirkungen, dass 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wurde. Seither gingen die dafür nötigen Strukturen verloren. Verteidigungsminister war zu der Zeit Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU; er wollte auf diese Weise auch einen Sparbeitrag leisten.
Mit den Kosten haben der Finanz- und der Verteidigungsminister heute zu kämpfen. Notfalls miteinander. Im Verteidigungs- und Spannungsfall kann nämlich die Wehrpflicht wieder aufleben. Wer will, dass die Bundeswehr dann kriegstüchtig ist, muss sie vorher auf allen Feldern ertüchtigen. Am Gelde hängt dann doch alles.
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