Bevölkerungsrückgang: Häuser auf dem Land stehen leer

bevölkerungsrückgang: häuser auf dem land stehen leer

Leben auf dem Dorf: Im ländlichen Raum in Sachsen-Anhalt wird die Bevölkerung nach der Prognose bis zum Jahr 2035 deutlich abnehmen.

Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist stark fragmentiert, was sich beim Interesse von Politik und Öffentlichkeit widerspiegelt. Auch wenn flächen- und bevölkerungsmäßig der ländliche Raum in Deutschland den höchsten Anteil aufweist, stehen dennoch die (groß-)städtischen Regionen im Fokus. Diese Märkte sind von Wohnungsknappheit mit hohen Mietsteigerungen geprägt. Im Mittelpunkt steht vor allem die Frage, welche Maßnahmen durchgeführt werden müssen, um Wohnraum zu schaffen. Aufgrund der stark gestiegenen Wohnkosten und der Möglichkeit von Homeoffice verlagerte sich die Nachfrage teilweise in den ländlichen Raum im Umland der großen Städte. Dieser Teil des ländlichen Raums wies daher eine wachsende Bevölkerung auf.

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Aussichten in Zeitz: Diese Häuser haben bessere Zeiten gesehen.

Weiterhin gibt es den ländlichen Raum, der nicht von den beschriebenen Effekten profitieren konnte und dessen Bevölkerung seit Jahren schrumpft. Die Herausforderungen ergeben sich sowohl aus den besonderen Merkmalen der ländlichen Regionen als auch aus den allgemeinen Trends des Wohnungsmarkts. Auch wenn die dortigen hohen Leerstände großen wirtschaftlichen und sozialen Sprengstoff darstellen, werden diese Märkte weitgehend nicht beachtet.

Kontinuierlicher Bevölkerungsrückgang

Im Auftrag der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalts, den Verbänden VDW und VDWG, haben wir die Wohnungsmärkte in den dortigen ländlichen Regionen analysiert. Dabei sind diese ländlichen Kreise nur ein Beispiel für viele andere Regionen in Deutschland, die unter den Folgen einer schrumpfenden Bevölkerung leiden. Diese Gebiete befinden sich nicht nur in Ostdeutschland, sondern es gibt sie auch in Westdeutschland wie im Bayerischen Wald, im West-Harz oder im Sauerland.

Die Studie zeigt die aktuell schon schwierige Lage in Sachsen-Anhalt auf. Seit der Wiedervereinigung kam es im ländlichen Raum zu einem kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang, und es hat außerdem keinen erfolgreichen wirtschaftlichen Aufholprozess gegeben. Für die Wohnungsmärkte hatten diese negativen Entwicklungen der Rahmenbedingungen drastische Folgen. Die Wohnungsunternehmen im ländlichen Raum weisen eine durchschnittliche Leerstandsquote von rund 15 Prozent auf sowie nur niedrige Mieten mit rund 5 Euro je Quadratmeter Nettokaltmiete und vergleichsweise geringe Mietsteigerungen.

Nach der aktuellen Prognose des Statistischen Landesamtes soll bis zum Jahr 2035 die Bevölkerung deutlich zurückgehen und somit die Zahl der Haushalte um weitere 92.000 Einheiten oder 15 Prozent sinken. Gleichzeitig werden aber aufgrund veränderter Wohnbedürfnisse jährlich neue Wohnungen gebaut – auch Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Das hat erhebliche Auswirkungen mit einem Anstieg der Leerstände zur Folge, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Es ist primär die Aufgabe der Wohnungsunternehmen und somit in ihrem eigenen Interesse, einen attraktiven und an die Bedürfnisse der Mieter angepassten Wohnungsbestand anzubieten. Ebenso ist ein entsprechend interessantes Wohnumfeld zu schaffen. Es muss das Ziel der Unternehmensaktivitäten sein, dass keine Abwanderung wegen schlechter Wohnverhältnisse erfolgt. Die dafür notwendigen Investitionen können angesichts der derzeitigen finanziellen Lage viele Wohnungsunternehmen noch selbst finanzieren. Der überwiegende Teil dieser Unternehmen in Sachsen-Anhalt verfügt derzeit noch über eine auskömmliche Finanzkraft mit einer oftmals relativ hohen Eigenkapitalquote und vielfach ausreichenden Unternehmensgewinnen.

Neben der schwierigen demographischen Entwicklung (Rückgang und Alterung) kommen auf die Wohnungsunternehmen weitere komplexe Herausforderungen zu. Die Maßnahmen gegen den Klimawandel oder die Digitalisierung belasten die finanzielle Situation der Unternehmen. Die immer noch bestehenden Altschulden des DDR-Wohnungsbaus gefährden die finanziellen Handlungsmöglichkeiten der Wohnungsunternehmen.

Daher können Lösungen für die anstehenden Probleme nicht ohne die Unterstützung von Politik und Gesellschaft erreicht werden. Die hohen und zunehmenden Leerstände gefährden die wirtschaftliche Existenz der Wohnungsunternehmen und damit die Lebensbedingungen der Mieter. Somit sind auch subsidiär staatliche Maßnahmen gerechtfertigt. Diese sollten mit einer In­stitutionalisierung des Themas in den Gremien von Politik und Verwaltung beginnen, um das im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Notwendig ist aber auch ein Umbauprogramm „Wohnen im ländlichen Raum“ zur Lösung der Wohnungsproblematik in ländlichen und schrumpfenden Räumen.

Der Autor des Gastbeitrags ist Geschäftsführer der eigenen Analysegesellschaft Immobilienresearch Vornholz in Lüdinghausen.

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