Gründer kauft fahrrad.de zurück: Nun kann René Köhler beweisen, dass er es besser kann als René Benko

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Zurück im Fahrradgeschäft: René Marius Köhler Foto: dpa Picture-Alliance data-portal-copyright=

René Köhler, Gründer des Internethändlers fahrrad.de, kauft sein Unternehmen zurück – aus der Insolvenzmasse von Signa. Doch der Fahrradmarkt ist heute ein ganz anderer als zum Zeitpunkt des Verkaufs Ende 2016.

So sehr können sich Ansichten ändern. Als René Marius Köhler im Januar 2017 nach dem Verkauf seiner Firma Internetstores an René Benkos Signa gefragt wurde, war er voll des Lobes. Signa habe ihn „fachlich und menschlich sehr beeindruckt“. Das Tempo sei bei Signa „noch einmal höher als bei uns“. Und René Benko, der Signa-Gründer und Eigentümer? Eine „extrem herausragende Persönlichkeit“.

Fast sieben Jahre später, Ende Oktober 2023, meldet Internetstores beim Amtsgericht Stuttgart Insolvenz an – und Köhler lässt seinen Frust heraus: „Es ist ein Debakel, meines Erachtens weitgehend selbst verschuldet. So hätte es nicht kommen müssen“, schimpft er im Gespräch mit der „Stuttgarter Zeitung“.

Köhler hatte 2003 den Onlinehändler fahrrad.de gegründet, darum herum über die Jahre mit Fleiß und Ehrgeiz mehr als ein Dutzend weiterer Onlineshops zur Internetstore gruppiert – und die Firma schließlich für 50 Millionen Euro an Benko verkauft. Der österreichische Milliardär integrierte Köhlers Firma in seine Sportartikelplattform Signa Sports United (SSU) und brachte das Konstrukt 2021 in New York an die Börse. Doch im vergangenen Jahr häuften sich die Krisen in Benkos Firmengeflechten. Und als die übergeordnete Signa-Holding eine zugesagte Finanzierungszusage von 150 Millionen Euro an die SSU im Sommer 2023 überraschend kündigte, rutschten die SSU-Firmen rasch in die Zahlungsunfähigkeit.

Nun kann Köhler beweisen, dass er es besser kann: Zum 1. Mai wird der Gründer und ursprüngliche Inhaber den Betrieb von fahrrad.de wieder übernehmen. In einem kürzlich verschickten Kundenschreiben informiert fahrrad.de, die neue Firma „fahrrad.de Bikester GmbH“ werde auch die dazugehörigen stationären Geschäfte in Stuttgart, Düsseldorf, Dortmund und Hamburg übernehmen. Geschäftsführer dieser Firma sind Jörg Schaible, Tamer Celen und Alexander Fiess. Alle drei sind auch Führungskräfte in der Koehler Group mit Sitz in Stuttgart, eine Firma, die Köhler mit seinen Internetstores-Verkaufserlösen aufbaute, und die als Family Office und Beteiligungsgesellschaft agiert.

Corona, Krieg, E-Bike: Der Fahrradmarkt hat sich verändert

Damit kehrt einer der am schnellsten aufgestiegenen Internetgründer Deutschlands wieder zurück zu seinen Anfängen. Doch der Markt ist im Jahr 2024 ein völlig anderer als noch 2016, als Köhler seine Firma verkaufte. Dazwischen fällt die Coronapandemie, die einerseits die Nachfrage nach Fahrrädern befeuerte, andererseits aber auch manche Produktionen wegen strapazierter Lieferketten erschwerte. Viele Händler hatten infolgedessen zu viel geordert und waren zu Rabatten gezwungen. Es folgten Ukrainekrieg und Inflation. Dazu der Siegeszug der E-Bikes, die 2016 noch keine große Rolle spielten; im vergangenen Jahr aber wurden nun erstmals in Deutschland mehr E-Bikes als herkömmliche Fahrräder verkauft, wie der der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) kürzlich mitteilte. Es wird spannend sein zu beobachten, wie Köhler sich in dem veränderten, sich konsolidierenden Markt behaupten kann.

Sein bisheriger Werdegang ist jedenfalls eine Aufsteigerstory: René Köhlers Vater Rolf hatte sich als Fahrradhändler selbstständig gemacht mit dem Fahrradgeschäft Roko am Stuttgarter Westbahnhof. „Mein Vater war extrem sparsam, so dass ich in fast ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen bin“, sagte Köhler einmal in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“. In der Schule, so kann man nachlesen, lässt Köhler Fleiß vermissen. In der zehnten Klasse verlässt er das Stuttgarter Dillmann-Gymnasium ohne Abschluss. Bei seinem Vater macht er eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Anschließend leistet er Zivildienst und hat Zeit nachzudenken, wie und in welcher Branche er sich selbständig machen könnte.

Startkapital von der Konfirmation

„Eigentlich wollte ich eine Imbisskette aufbauen“, erzählte er einmal der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Das scheiterte aber am Kapital.“ Also probiert er, die Räder aus dem Geschäft seines Vaters über Ebay zu verkaufen. 2003 sichert er sich die Internetdomain fahrrad.de für 42.500 Euro, da ist er gerade mal 20 Jahre alt. Das Geld stammt aus „Konfirmations-Ersparnissen und ein paar Aktien-Gewinnen“, erzählt er später. Sodann meldet Köhler sein Gewerbe an: einen Onlineshop für Fahrräder und Zubehör. Im ersten Jahr erwirtschaftet er mit zwei Mitarbeitern bereits einen Umsatz von 400.000 Euro. Es dauert nicht lange, dann überholt er seinen Vater.

Ein paar Jahre nach der Gründung von fahrrad.de und der zweiten Plattform fitness.de gruppiert Köhler seine Aktivitäten unter dem neuen Namen Internetstores GmbH. Im Jahr 2008 setzt er bereits 22 Millionen Euro um und kümmerte sich auch um den Fahrradhandel für Amazon sowie die damaligen Versandhäuser Quelle und Neckermann, später auch für Otto. Im selben Jahr wandelt er Internetstores in eine Aktiengesellschaft um. Die Samwer-Brüder kaufen sich mit rund 20 Prozent ein, Köhler hält zu dem Zeitpunkt die restlichen 80 Prozent. 2009, kurz nachdem sein Vater Rolf verstorben war, übernimmt René Köhler auch dessen stationäres Fahrradgeschäft Koko. Als 2012 der schwedische Finanzinvestor EQT bei Internetstores einsteigt, verkaufen die Samwers ihre Anteile wieder.

In den Jahren erweitert Köhler das Angebot seiner Onlinekanäle um Outdoor- und Camping-Segmente, auch Möbel verkauft er. 2015, ein Jahr vor dem Verkauf an Benko, macht er mit Internetstores rund 140 Millionen Euro Umsatz. Zum Zeitpunkt des Verkaufs an Signa, im November 2016, beschäftigt Internetstores rund 400 Mitarbeiter in 14 europäischen Ländern. Auf dem Höhepunkt, integriert in Benkos Reich, soll Internetstores gar annähernd 400 Millionen Euro Umsatz erzielt haben.

Die Frage ist, mit welcher Strategie Köhler nun aus dem insolventen Händler wieder einen Marktführer machen will. Eine Anfrage der WirtschaftsWoche ließ die Koehler Group zunächst unbeantwortet. Auch abseits der Fahrradbranche war er jedenfalls nicht untätig: In den ersten fünf Jahren seiner Koehler Group, so erzählte er es, will er aus seinem zweistelligen Millionenvermögen ein dreistelliges gemacht haben. An Kapital für den Neustart sollte es dieses Mal jedenfalls nicht mehr mangeln.

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