Ein Geständnis in Korruptionsprozess um Wiener Wohnen

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Ein Geständnis in Korruptionsprozess um Wiener Wohnen

Am Montag hat am Wiener Landesgericht ein Großverfahren, mit dem der Bestechungs- und Korruptionsskandal bei Wiener Wohnen aufgearbeitet werden soll, begonnen. Die WKStA wirft einem 58-jährigen Geschäftsmann vor, zumindest seit April 2011 bis 2013 45 ehemalige Mitarbeiter von Wiener Wohnen “geschmiert” zu haben. Sieben Beschäftigte des Geschäftsmanns sind als Bestimmungs- oder Beitragstäter mitangeklagt, einer davon zeigte sich am ersten Prozesstag geständig.

Der 58-Jährige Hauptangeklagte leitete im inkriminierten Zeitraum eine Glaserei und Malerei, einen Steinmetzbetrieb sowie mehrere Baufirmen und erledigte für Wiener Wohnen in Gemeindebauanlagen anfallende Reparaturarbeiten. Der 44 Seiten umfassenden Anklageschrift der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zufolge wurden darüber hinaus regelmäßig Aufträge verrechnet, “die nicht oder zumindest nicht im verrechneten Umfang ausgeführt wurden bzw. werden sollten”.

Das funktionierte laut Anklage wie geschmiert, weil so genannte Werkmeister und Referenten bei Wiener Wohnen eingeweiht waren und für ihr Augen-Zudrücken mit Tank- und Einkaufsgutscheinen, in selteneren Fällen auch mit anderen Sachwerten sowie Bargeld, bestochen worden sein sollen. Inkriminierte Gesamtschadenssumme: 170.000 Euro.

“Es geht um Bestechung und Bestechlichkeit”, fasste der Oberstaatsanwalt die Anklage zu Beginn seines Plädoyers zusammen. Da die Firma in der der Hauptangeklagten als Geschäftsführer tätig war einen Rahmenvertrag mit Wiener Wohnen hatte, hatten die Werkmeister keinen Spielraum gehabt und ohnehin dessen Firma beauftragen müssen. “Die Frage die wir uns stellten, lautete: ‘Wofür wurden sie belohnt?'”.

Und diese beantwortete der Oberstaatsanwalt auch umgehend. “Weil die Werkmeister von vornherein (gemeldete Schäden, Anm.) nicht überprüft haben, war es ein Leichtes, nicht eingetretene Schäden zu vermelden und dadurch Scheinaufträge zu erstellen.” Nur für diese Scheinaufträge – rund 7.000 an der Zahl – habe es Gutscheine gegeben. Darüber hinaus habe die Firma des Hauptangeklagten zahlreiche weitere, “echte” Aufträge bekommen, die meisten davon seien ausgeführt worden.

Im Zuge der Ermittlungen habe man die Rechnungen konkreten Aufträgen zuordnen können. “Es wurde etwa in einem Keller Fenster verrechnet, in dem es gar keine Keller gibt.” Auch ein “sprechendes PDF” sei ein zentraler Punkt der Anklage. Darauf habe man “über 50 Stunden an Audiodateien gefunden, auf denen alles besprochen wird. (…) Wie die Gutscheine verteilt werden sollten, wie man sie erfasst, und wie viele Prozent sie bekommen.”

Damit habe er einige Beschuldigten konfrontiert, zwei davon haben ein Geständnis abgelegt. “Zu etwas was wir eh schon gewusst haben.” Ein Geständnis abzulegen legte er auch den restlichen Angeklagten nahe. “Denken sie darüber nach, am letzten Verhandlungstag wird es zu spät sein.”

Dass das zumindest für seinen Mandanten nicht in Frage komme, stellte Martin Nemec, der Verteidiger des 58-jährigen Hauptangeklagten direkt im Anschluss klar. Selbst wenn alles so stimme, wie es in der Anklage steht, was nicht der Fall sei, sei es rechtlich anders zu beurteilen, hielt er fest. “Alleine aus den Häuserlisten ist in keiner Weise nachvollziehbar, ob ein gewisser Gutschein für ein allfälliges pflichtgemäßes oder pflichtwidriges Handeln ausgestellt wurde.” Das man hier “alles in einen Topf wirft” sei nicht korrekt.

Der Hauptangeklagte habe zum Tatzeitpunkt ein “Lottaleben” geführt, und dafür viel Geld gebraucht, um dieses in “Etablissements” auszugeben. Davon durfte seine streng katholische Familie, allen voran seine als Finanzchefin im Unternehmen tätige Schwester nichts wissen. “Er ist kein Buchhalter, er ist ein Hackler. Mit Geld kann er nicht umgehen. Und das macht sich halt nicht so gut, der Schwester zu sagen: ‘Ich brauche Geld fürs Puff,'” sagte Nemec.

“Jetzt werden sie natürlich sagen: ‘schon weit hergeholt’. Das war auch meine erste Reaktion, aber so absurd ist die These nicht”, richtete er sich an die Vertreter der WKStA. Dass es innerhalb des Unternehmens Gutscheine gegeben habe, um Mitarbeiter zu belohnen, sei unbestritten.

Die Bestechung in dieser Gesamtsumme sei durch die Anklage aber “nicht zu erblicken.” Denn auch bei den von der WKStA als Richtwert angeführten drei Prozent der Kosten, die die Werkmeister erhalten haben sollen, sei nicht klar, dass diese für “ein konkretes, geschweige denn ein rechtswidriges Amtsgeschäft” verwendet wurden.

Den Ausführungen des Verteidigers des Erstangeklagten schloss sich der Großteil der anderen Verteidiger an. Der Umstand, dass sie ihren Mandanten im Falle der Schuld zu einer Diversion geraten hätten, diese allesamt aber abgelehnt haben, zeige ihre Unschuld. Ein “massives Beweisproblem” attestierte Norbert Wess, Rechtsvertreter der Werkmeister, der WKStA. “Die Angeklagten haben keine Gutscheine bekommen.”

Ein einziges Geständnis brachte der erste Prozesstag gegen Ende der Verhandlung. Ein zum Tatzeitpunkt in dem Unternehmen als Abrechnungstechniker beschäftigter Mann, der laut Anklage “die Häuserlisten führte und die fingierten Leistungen an die Wiener Wohnen fakturierte”, bekannte sich zu allen Vorwürfen schuldig. “Ich möchte betonen, dass ich durch meinen Fehler keine Vorteile oder Bereicherungen hatte. Ich bin in dieses System hineingeraten und war zu schwach, nein zu sagen.” Sein Verfahren wurde zur Verhinderung von Verfahrensverzögerung ausgeschieden.

Fortgesetzt wird der Prozess am morgigen Dienstag mit der Einvernahme der Werkmeister. Vorerst sind bis in die erste Dezember-Woche sieben Verhandlungstage anberaumt.

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