Ein Vorschlag zu den Lohnverhandlungen: Konjunkturmalus statt Einmalzahlungen
Die Lohnverhandlungen in der Metallindustrie sind in diesem Jahr schwierig; die Gründe sind klar: Durch die Energiekrise ist die Inflation stark gestiegen, ist aber jetzt im Sinken begriffen. Darüber hinaus gab es Einmalzahlungen der Regierung an Industrie und Haushalte, die die gestiegenen Energiepreise kompensieren sollten – wie soll man das in den Lohnverhandlungen berücksichtigen? Nun fordert die Gewerkschaft eine Nominallohnerhöhung von mehr als elf Prozent, die Industrie ist mit sehr kleinen Angeboten ins Rennen gegangen, hat aber dann das Angebot auf ca. sechs Prozent erhöht. Daneben bieten die Arbeitnehmer eine Einmalzahlung von 1200 Euro an.
Die Argumentation der Gewerkschaft ist, dass die Inflation in den vergangenen zwölf Monaten – in denen die Löhne konstant waren – um 9,6 Prozent angestiegen ist. Um einen Ausgleich der Teuerung zu erreichen, also die Reallöhne konstant zu halten, wäre eine Erhöhung nominal um mindestens 9,6 Prozent nötig. Zusätzlich ist die Arbeitsproduktivität in der Industrie (also der Output, den eine Person erwirtschaftet hat) 2022 um 2,8 Prozent angestiegen (Bittschi und Meyer, 2023). Dieser Anstieg war auch höher als in Deutschland und Österreichs Handelspartnern generell. Davon hätten sie auch gerne einen Teil. Die Industrie wiederum argumentiert, dass sie sich momentan in einer Krise befindet, weil die Industrieproduktion im September um 3,2 Prozent unter dem Vorjahr liegt. Die Produktion und die Aufträge gehen also zurück. Hohe Lohnzahlungen können also schwer verkraftet werden.
Konjunkturmalus könnte Pattsituation durchbrechen
Diese Ausgangslage für die Verhandlungen könnte also wirklich einfacher sein. Der Vorschlag der Gewerkschaft auf 11,6 Prozent Lohnerhöhung ist angesichts der Industrierezession für die Arbeitgeber schwer verkraftbar. Die von der Industrie vorgeschlagenen Einmalzahlungen sind wiederum für die Gewerkschaft nahezu unakzeptabel. Einmalzahlungen bedeuten, dass sie nicht zum Grundlohn angerechnet werden; die Löhne und die Lohnerhöhungen im nächsten Jahr würden also bei der niedrigeren Basis ansetzen. Mit anderen Worten, bei einem Gehalt von heute 1000 Euro und einem Gehaltsplus von zehn Prozent in diesem Jahr würden bei einer nächstjährigen Lohnerhöhung von fünf Prozent am Ende des zweiten Jahres 1155 Euro herausschauen. Bei einer Einmalzahlung von 100 Euro im ersten Jahr, käme im zweiten Jahr nur 1050 Euro raus. Das wird sicherlich für die Gewerkschaft schwer verdaulich sein; die Gewerkschaft müsste akzeptieren, dass sie langfristig einer Umverteilung in Richtung der Unternehmen zustimmt.
Eine Lösung des Dilemmas könnte sein, dass die Gewerkschaft heuer zwar oberhalb der rollierenden Inflationsrate abschließt und somit das künftige Lohnwachstum unbeeinflusst lässt, heuer aber einen Konjunkturmalus zulässt: Die tatsächlichen Auszahlungen im Jahr 2023 könnten somit ein paar Prozentpunkte unterhalb des vertraglichen Abschlusses liegen, wobei die Abschläge auch durchaus firmenspezifisch ausfallen könnten. Diese Vorgangsweise würde die Konjunkturdelle für die Industrie leichter verdaulich machen und es wäre auch langfristig finanzierbar.
Vermittler nach amerikanischem Vorbild?
Die Lohnstückkosten (das sind die Lohnkosten pro Stück an Output, also die Kosten, mit denen sich die Industrie am Weltmarkt bewegt) sind in Österreich sowohl in den letzten zehn Jahren als auch 2022 unterhalb Deutschlands und auch (wesentlich) unterhalb unserer Handelspartner (Bittschi und Meyer, 2023). Das bedeutet also, dass die Industrie durchaus gesund und wettbewerbsfähig unterwegs ist.
Eine weitere Möglichkeit, die Pattsituation der Verhandlungen zu durchbrechen, wäre ein Vermittler mit Vorschlagsrecht nach amerikanischem Vorbild: Wenn sich die Verhandlungspartner auf einen Vermittler/eine Vermittlerin geeinigt haben, muss der Vorschlag dieser Vermittlungsperson von beiden angenommen werden.
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