Warum Streichs Selbstanklage kein Alibi sein darf

Christian Streich wollte nach dem 1:4 gegen Leipzig zunächst alle Schuld auf sich nehmen. Sein nicht passender Matchplan darf aber natürlich kein Alibi für die Freiburger Profis sein, die der Trainer dann doch ebenso kritisierte – zu Recht.

warum streichs selbstanklage kein alibi sein darf

Freiburgs Trainer Christian Streich kritisiert sich und seine Profis.

Kritik an den Profis ist ebenso angebracht, besonders bei den Gegentoren

So schnell kann’s gehen. Was einen Spieltag zuvor noch wesentlich zum 3:0-Auswärtssieg in Gladbach beitrug und als taktische und personelle Kniffe gelobt wurde, erwies sich am Samstag als ungeeignet. Er habe sich zu sehr vom Gladbach-Spiel leiten lassen, sagte Christian Streich, nach dem er mit der identischen Startelf 1:4 gegen Leipzig verloren hatte.

Mit einer Selbstanklage (“Ich habe es taktisch und personell total falsch gemacht”) nahm der Trainer zunächst die Schuld auf sich. Weiter ins Detail gehen wollte Streich nicht, aber es war recht klar, was und wen er meinte.

Im defensiven 5-4-1 ließen sich die Räume gegen Leipzigs variables 4-2-2-2 nicht so gut schließen, das klappte im 4-4-2 in der zweiten Hälfte gegen zugegeben nachlassende Gäste etwas besser. Auch die zwei Pausenwechsel hatten Aussagekraft. Top-Scorer Vincenzo Grifo, der Akzente setzte und das 1:4 erzielte, kam für den blassen Stürmer Michael Gregoritsch, der zudem vor dem 0:2 zu sorglos den Ball verlor.

Kübler ließ sich zu einfach abkochen

Und Kiliann Sildillia ersetzte zur zweiten Hälfte Lukas Kübler, der im Laufduell mit Lois Openda vor dem 0:2 zwar einen sehr beachtlichen neuen Freiburger Top-Speed-Saisonrekord aufstellte und sich mit 36,08 km/h in die Top 10 der Liga sprintete – ansonsten sind nur Merlin Röhl (34,9 km/h) und Christian Günter (34,1) in den Top 100 vertreten. Aber Kübler ließ sich vom Leipziger Stürmer, der nur knapp schneller gemessen wurde (36,09 km/h), zu einfach abkochen. Ein leichter Rempler im Rahmen der fußballtypisch erlaubten Zweikampfführung zum richtigen Zeitpunkt reichte Openda, um Kübler aus dem Rennen zu nehmen und ihn anschließend beim Torschuss auch noch zu tunneln.

Noch deutlicher patzte Yannik Keitel beim 0:3 gegen Openda, als er mit deutlichem Vorsprung vor Openda kurz auf ein Rauslaufen des zu zögerlich wirkenden Keepers Noah Atubolu zu warten schien, dann aber immer noch die Möglichkeit gehabt hätte, den Ball mit dem Fuß zu klären, stattdessen aber einen missratenen Flugkopfball ansetzte. Der gelernte, nicht sehr schnelle Sechser (32,96 km/h) grätschte auch vor Opendas Großchance in der 25. Minute ins Leere und erwies sich im Abwehrzentrum gegen Leipzigs Tempo in Kombination mit einem teilweise zu hohen Freiburger Rausrücken als Fehlbesetzung.

Openda entwischte Gulde im Rücken

Wie unterm Strich die gesamte, in Gladbach noch so stabil auftretende Dreierkette mit Kübler und Manuel Gulde, der noch den besten Eindruck des Trios hinterließ, aber auch zur defensiven Anfälligkeit beitrug, wie vor dem 0:4, als ihm Openda im Rücken entwischte.

Diese Formation wählte Streich, seine Selbstkritik ist also angebracht. Sie darf allerdings kein Alibi für das Verhalten der weitgehend sehr erfahrenen Spieler auf dem Platz sein. So verpassten es mehrere Profis, vorne angefangen, vor dem frühen 0:1 die Räume auf der linken Defensivseite zu schließen. Lucas Höler, Nicolas Höfler und Kapitän Christian Günter begleiteten die Kombination von Benjamin Henrichs und Openda bis zur Grundlinie störungsfrei und in der Mitte ließ Merlin Röhl Torschütze Amadou Haidara ebenso unbehelligt abschließen.

“Es war schlecht verteidigt”

Bevor Gulde und Keitel beim 0:4 durch Benjamin Sesko nicht im Bilde wahren, ließ auch Günter erneut Henrichs viel zu einfach den tiefen Ball auf Openda spielen. Vor diesem Hintergrund übte Streich dann doch noch auch Kritik an seiner Mannschaft – völlig zu Recht. “Ich hätte es vielleicht personell und taktisch anders machen sollen. Trotzdem musst du nicht wieder nach gut einer Minute 0:1 hinten liegen (ähnlich wie beim 2:3 gegen Leverkusen im Heimspiel zuvor, Anm. d. Red.). Es war schlecht verteidigt.”

“Die Jungs haben es schlecht gemacht, und ich habe es auch schlecht gemacht”

Streich schloss mit dem passenden Fazit: “Die Jungs haben es schlecht gemacht, und ich habe es auch schlecht gemacht, in jedem Fall in der ersten Halbzeit. Von daher müssen wir das so hinnehmen gegen eine wahnsinnig gut besetzte Leipziger Mannschaft. In der zweiten Halbzeit haben wir gesehen, dass es besser möglich gewesen wäre. Das konnten wir aber leider nicht zeigen, ich bin sehr enttäuscht.”

Die Enttäuschung müssen Streich und Co. jetzt schnell abschütteln und es am Sonntag bei einer wesentlich schwächer als Leipzig besetzten Mannschaft des Tabellenletzten SV Darmstadt besser machen. Ein Sieg ist geboten, um die eigenen Europacup-Ambitionen zu wahren.

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