Deutsche Stahlproduktion auf 14-Jahres-Tief

Besonders die schwache Nachfrage und hohe, nicht wettbewerbsfähige Strompreise setzen der Industrie derzeit zu, teilt die Wirtschaftsvereinigung Stahl mit. Hinzu komme, dass seit dem Urteil zum Klima- und Transformationsfonds auch klimafreundlich produzierter Stahl auf der Kippe steht.

deutsche stahlproduktion auf 14-jahres-tief

Bei ThyssenKrupp im Stahlwerk in Duisburg entnimmt ein Angestellter eine 1500 Grad heiße Roheisenprobe beim Abstich eines Hochofens picture alliance/Rupert Oberhäuser

Die Stahlproduktion in Deutschland ist im vergangenen Jahr auf ein historisch niedriges Niveau gesunken. 2023 wurden 35,4 Millionen Tonnen Stahl produziert und damit 3,9 Prozent weniger als im Vorjahr, wie die Wirtschaftsvereinigung Stahl am Dienstag in Berlin mitteilte. Das sei das niedrigste Produktionsvolumen seit der Finanzmarktkrise 2009. Seinerzeit sei es nach dem rezessionsbedingten Einbruch aber wieder rasch bergauf gegangen. Dagegen halte der nun seit Anfang 2022 dauernde Negativtrend an.

Im Schnitt werden sonst pro Jahr rund 40 Millionen Tonnen Stahl erzeugt, wie der Verband auf seiner Seite schreibt. Deutschland hat damit die größte Stahlindustrie Europas.

Besonders die schwache Nachfrage in Verbindung mit hohen, nicht wettbewerbsfähigen Strompreisen setze der Industrie zu, teilte die Wirtschaftsvereinigung mit. „Die Jahresbilanz der Stahlproduktion in Deutschland zeigt deutlich, dass die Lage für die Stahlindustrie (…) sehr ernst ist“, sagte Hauptgeschäftsführerin Kerstin Maria Rippel. Sie appellierte an die Regierung, besonders bei den hohen Stromkosten bestehe dringender politischer Handlungsbedarf.

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds stehe zudem die Finanzierung der angestrebten Klimaneutralität in Frage. Nötig sei ein klares politisches Konzept, sagte Rippel. „Das ist ein zentraler Baustein, um die Transformation der Stahlindustrie und die Dekarbonisierung unseres Landes insgesamt weiter voranzubringen.“

Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte November geurteilt, dass die Bundesregierung 60 Milliarden Euro an nicht genutzten Kreditermächtigungen für den Kampf gegen die Pandemie nicht rückwirkend in den KTF verschieben durfte. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte aber kurz darauf, er wolle an den daraus zu finanzierenden Projekten festhalten. Mitte Dezember etwa sagte er der saarländischen Stahlindustrie 2,6 Milliarden Euro für den Umbau zu einer klimaneutralen Produktion zu.

Die stahlproduzierenden Unternehmen in Deutschland haben sich laut Verband zum Ziel gesetzt, ihren Stahl bis 2045 CO2-neutral zu erzeugen. Damit würden sie ein Drittel der gesamten industriellen Treibhausgasemissionen einsparen.

Premium-Stahl besonders von Rückgang betroffen

Besonders dramatisch sei der Einbruch der Elektrostahlerzeugung, hieß es. Dort sei die Produktion im Vorjahresvergleich um fast elf Prozent auf 9,8 Millionen Tonnen gesunken. Das unterschreite sogar den Tiefpunkt in der Finanzmarktkrise mit 11,3 Millionen Tonnen.

Elektrostahl ist ein besonders hochwertiger, unter Nutzung eines Elektroofens hergestellter Stahl aus eingeschmolzenem Schrott. Diese Produktionsroute ist laut der Wirtschaftsvereinigung sehr stromintensiv und daher besonders von den steigenden Energiepreisen belastet. Die Hochofen-Produktion habe sich lediglich stabilisiert, aber auch das nur auf einem äußerst niedrigen Niveau.

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