Kampf gegen irreguläre Migration: Faesers Grenzkontrollen zeigen Wirkung

Die Zahl der unerlaubten Einreisen an der Grenze zu Polen geht zurück. Aber entscheidend für die Eindämmung der irregulären Migration ist der Kampf gegen Schlepper an anderer Stelle.

kampf gegen irreguläre migration: faesers grenzkontrollen zeigen wirkung

Bei einer Razzia gegen ein Schleusernetzwerk durchsuchen Polizeibeamte im niedersächsischen Garbsen ein Auto in einer Wohnsiedlung.

Lange hatte sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gegen stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz gesträubt. Angesichts des anhaltenden Migrationsdrucks entschied sie sich aber im vergangenen Monat doch, die Kontrollen bei der EU anzumelden. Faesers Entscheidung zeigt inzwischen Wirkung – allerdings liegt die Lösung nicht allein in einer Verstärkung der Kontrollen an den deutschen Grenzen.

Wie die „Welt am Sonntag“ mit Blick auf eine Auswertung der Bundespolizei berichtet hatte, werden inzwischen täglich bundesweit meist weniger als 300 unerlaubte Einreisen festgestellt. In den 30 Tagen vor Einführung der neuen Kontrollen waren es noch etwa 700 pro Tag gewesen. Vor allem an der Grenze zu Polen kam es zu einem merklichen Rückgang.

Doch ohne das Zutun anderer EU-Mitgliedstaaten wäre dieser Rückgang nicht möglich. Längere Zeit wurden Flüchtlinge auf der Balkanroute vermehrt über die Slowakei von Schleuserbanden Richtung Westen befördert. Nach Informationen des Tagesspiegels sortieren sich die Schlepperorganisationen entlang der Balkanroute inzwischen neu, nachdem die slowakische Armee einer teils auch mit Schusswaffen ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Schlepperorganisationen ein Ende gesetzt hat.

Die Migration kann, so haben wir es immer gesagt, nicht an Deutschlands Binnengrenzen gestoppt werden.

Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für die Bundespolizei

Die Slowakei gehört zur Gruppe der Visegrad-Staaten, zu der ansonsten noch Polen, Tschechien und Ungarn zählen. Um die irreguläre Migration weiter einzudämmen, berieten sich die Innenminister der vier Visegrad-Länder am Montag im ungarischen Szeged. Auch die deutsche Ressortschefin Faeser und ihr österreichischer Amtskollege Gerhard Karner nahmen an dem Treffen teil. Bei der Konferenz ging es vor allem um einen operativen Austausch der Grenzschutzbehörden, um die Lage auf der westlichen Balkanroute besser überwachen sie können.

Wichtige Transitregion

Auch die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei sei für die EU von großer Bedeutung, zudem bleibe der westliche Balkan die wichtigste Transitregion, sagte Faeser nach dem Treffen. Sie habe vorgeschlagen, regelmäßige Treffen der Grenzbehörden für ein gemeinsames Monitoring der Migrationslage durchzuführen. Entscheidungen über die Fortsetzung der Grenzkontrollen in Inneren des Schengen-Raums sollten eng abgestimmt werden, schlug Faeser weiter vor.

Auch über einen möglichen verstärkten Einsatz der EU-Grenzschutzbehörde Frontex in der Region außerhalb Ungarns wurde diskutiert. Das Treffen in Szeged diente auch der Vorbereitung des nächsten EU-Innenministerrates in der kommenden Woche in Brüssel.

Szeged liegt an der EU-Außengrenze, das benachbarte Serbien ist nur wenige Kilometer entfernt. Im Jahr 2015 ließ Ungarns Regierungschef Viktor Orban während der damaligen Flüchtlingskrise hier einen Zaun gegen irreguläre Migration errichten. Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen in Deutschland hatte Faeser bereits zu Beginn des Jahres gesagt, dass zur europäischen Asylpolitik „zu einem Teil“ auch „hohe Zäune und Mauern“ an den EU-Außengrenzen gehörten. Bei der Konferenz in Szeged brachte sie indes auch rechtsstaatliche und menschenrechtliche Standards in der Migrationspolitik zur Sprache.

Noch im vergangenen Jahr hatte Serbien großzügig Visa an Menschen aus Indien und Tunesien vergeben, die anschließend den Weg in die EU gesucht hatten. Mittlerweile hat die Regierung in Belgrad diese Praxis gestoppt.

Nach Angaben aus dem Bundesinnenministerium hat der Migrationsdruck an der serbisch-ungarischen Grenze aufgrund der restriktiven Maßnahmen sowohl auf ungarischer als auch auf serbischer Seite aktuell etwas abgenommen. Die Brutalität der Schleuser und die Rivalität zwischen deren Banden sei aber weiterhin groß, hieß es weiter.

Dass die Zahl der unerlaubten Einreisen nach Deutschland in den letzten Wochen zurückgegangen ist, hängt nach den Worten von Andreas Roßkopf vor allem mit Maßnahmen außerhalb Deutschlands zusammen.

Beispielsweise hätten die Anfang Oktober eingeführten Kontrollen von Polen und Tschechien zur Slowakei „eine große Wirkung“ gezeigt, sagte der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dem Tagesspiegel. Die Migration könne „nicht an Deutschlands Binnengrenzen gestoppt werden“, zeigte sich Roßkopf überzeugt.

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