Marzahn-Hellersdorf: Tote Berlinerin bezieht weiter Rente, Schwester wartet auf Sterbeurkunde – was sagt das Bezirksamt?

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Margitta Krahmer zeigt ein Foto ihrer verstorbenen Schwester Edith.

Margitta Krahmer trauert um ihre Schwester Edith. Sie starb am 6. Januar dieses Jahres. Nun hat die 77-Jährige aus Kaulsdorf auch noch andere Sorgen: Sie ärgert sich über das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf. Seit mehr als drei Monaten versucht sie an eine Sterbeurkunde zu kommen, um die Formalitäten zu erledigen. Doch das scheint ein schwieriger Verwaltungsakt zu sein.

„Das ist ein Unding, man kann doch dem Steuerzahler nicht zumuten, dass er so lange auf ein Dokument warten muss“, sagt die Rentnerin empört. Ohne könne sie die laufenden Verträge der Schwester nicht kündigen. Das Schlimmste aber sei, so betont sie, dass die Rentenzahlungen noch weiterlaufen würden. „Und das sind zusammen mit der Witwenrente 2000 Euro.“ Das Bankkonto könne sie deshalb auch nicht auflösen.

„Eine Verwandte von mir arbeitet bei der Deutschen Rentenversicherung und hat mir gesagt, dass ich die Sterbeurkunde vorlegen muss, um die Beiträge zu stoppen“, sagt Margitta Krahmer. Deshalb hat sie vor kurzem noch einmal beim Standesamt ihres Bezirks nachgefragt und um eine zügigere Bearbeitung gebeten. „Die Mitarbeiterin sagte mir nur, dass sie zu wenig Personal im Amt haben und sie mir auch nicht sagen kann, wie lange das noch dauert“, erklärt sie.

Krahmer hat dafür wenig Verständnis. Die Unterlagen seien doch alle da. Und sie kennt sich in der Behörde bestens aus: So hat sie ausgerechnet selbst in den 1990er-Jahren auf dem Standesamt in Marzahn gearbeitet und will den Personalmangel nicht als Entschuldigung anerkennen. „Dann sollen sie doch aus anderen Abteilungen Mitarbeiter abziehen, die auf dem Standesamt Vertretung machen. So ein wichtiger Teil einer Behörde kann nicht auf Dauer unterbesetzt sein. Da hängt doch so viel dran“, findet die ehemalige Verwaltungsmitarbeiterin.

Früher habe sie die Sterbeurkunden auf der Schreibmaschine abgetippt, weil es noch keine Computer gab, und da habe man sie spätestens von einem auf den anderen Tag fertig gemacht. Sie sei entsetzt, wie sich der Service in den Berliner Behörden verschlechtert habe, und der Bürger müsse dann die Unannehmlichkeiten ausbaden.

Leider seien ihre Kollegen von früher selbst in Rente. Sonst hätte sie noch alte Kontakte aktivieren können, damit es schneller geht. „Ich weiß mir leider nicht mehr selbst zu helfen“, sagt Margitta Krahmer. Deshalb hat sie sich aus Verzweiflung an die Berliner Zeitung gewandt, um ihren Fall öffentlich zu machen.

marzahn-hellersdorf: tote berlinerin bezieht weiter rente, schwester wartet auf sterbeurkunde – was sagt das bezirksamt?

Margitta Krahmer sichtet Unterlagen. Sie muss noch etliche Verträge ihrer verstorbenen Schwester kündigen und benötigt dazu die Sterbeurkunde.

Die Berliner Zeitung hat beim Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf nachgefragt: Warum dauert es so lange, die Sterbeurkunde auszustellen? „Nach Rücksprache mit dem Standesamt gingen die Unterlagen zum angezeigten Sterbefall am 17.01.2024 im Standesamt ein. Die Erstbeurkundung des Sterbefalles erfolgte am 09.04.2024“, erklärt Juliane Witt, Leiterin der Abteilung Soziales und Bürgerdienste.

Die geschilderte Verzögerung bei der Ausstellung der Sterbeurkunden betreffe fast alle hier vorliegenden Sterbefälle. Die Mitarbeiter seien unablässig dabei, zügig Sterbefälle und Geburten zu bearbeiten und zu beurkunden. Leider lasse sich dies aufgrund der nicht vorhandenen Personalstärke nicht in der Zeit umsetzen, die bis vor einigen Monaten üblich gewesen sei. Der Personalmangel habe auch nicht übergangsweise durch Amtshilfeersuchen an andere Bezirke abgemildert werden können.

„Das Bezirksamt und vor allem die zuständigen Mitarbeitenden bedauern jeden Einzelfall. Leider lässt die gegenwärtige Situation keine schnellere Bearbeitung zu“, betont Abteilungsleiterin Witt. Die Erstbeurkundungen von Sterbefällen und Geburten hätten absolute Priorität. Aber auch Anmeldungen zur Eheschließung müssten bearbeitet werden, Änderungen von Personenständen, Urkundenanforderungen, Nachbeurkundungen von Personenstandsfällen Deutscher im Ausland gehörten zu den weiteren Tätigkeitsfeldern im Standesamt.

Dies schulterten die Standesbeamten und Standesbeamtinnen alles mit einer durchschnittlichen Anwesenheit von höchstens 30 Prozent (im Verhältnis zu den vorhandenen Stellen) über einen bereits sehr langen Zeitraum. Dabei zeigten die im Dienst befindlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen trotz der bestehenden Überlastungssituation eine weit überdurchschnittliche Dienstleistungs- und Kundenorientierung. Auch sei in der Vergangenheit bereits mehrfach um Unterstützung ersucht worden.

Zuletzt leider erfolglos, da die Situation auch in den übrigen Berliner Standesämtern äußerst angespannt sei. Das Standesamt bearbeite dennoch jeden Einzelfall in der Sterbefallbeurkundung unter Beachtung der konkreten Situation und der vorliegenden besonderen Umstände.

Eine zusätzliche Anfrage bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat ergeben, dass Rentenzahlungen in Ausnahmefällen auch ohne Sterbeurkunde gestoppt werden können. „Die betreffende Person kann den Tod einer Rentnerin / eines Rentners auch durch eine Kopie des Totenscheins oder ähnlicher Unterlagen dem Rentenversicherungsträger gegenüber schriftlich mitteilen“, erklärt die Sprecherin Gundula Sennewald. Das sei insbesondere dann empfehlenswert, wenn das zuständige Bezirksamt oder die kommunale Verwaltung eine sehr lange Bearbeitungsdauer für die Ausstellung der Sterbeurkunde habe. Darauf solle in dem Schreiben, das die Versicherungsnummer der verstorbenen Person enthalten müsse, hingewiesen werden.

Margitta Krahmer hofft, dass sie jetzt zumindest die Rentenzahlung schnell stoppen kann. Sie sagt: „Ich komme da nicht mehr mit. Früher gab es solche Probleme nicht. Da hat man die Sterbeurkunde gleich mitgenommen. Heute wartet man mehr als drei Monate darauf.“

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