Was die unterlegenen Bieter mit Galeria vorhatten

was die unterlegenen bieter mit galeria vorhatten

Eine Filiale von Galeria in Mainz

Sie hätten es hinbekommen, da sind sich Felix Finger und Melina Brandstetter ganz sicher. „Wir glauben, dass der stationäre Einzelhandel wieder reaktiviert werden kann“, sagt Finger, der gemeinsam mit Brandstetter das Düsseldorfer Family-Office Upventure führt. Und eigentlich meint der 47-Jährige damit vor allem ein Handelsunternehmen, das wie kaum ein anderes für den Niedergang des Stationären steht: der Warenhauskonzern Galeria.

Das Investorenpaar war bis Montagnachmittag noch im Rennen um den Händler. Sie wollten das Warenhaus wieder fit für die Zukunft machen, nachdem der Konzern Anfang des Jahres die dritte Insolvenz hatte anmelden müssen. Daraus wird nun nichts. Im Bieter-Wettstreit unterlagen sie einem Konsortium um den US-Investor NRDC und Bernd Beetz, einem deutschen Geschäftsmann und Präsident des Fußballvereins SV Waldhof Mannheim.

„Wir sind wirklich enttäuscht“, sagt Brandstetter. Die 35 Jahre alte Investorin erwarb gemeinsam mit ihrem Partner Finger erst im vergangenen Jahr die insolvente Schuhkette Salamander, mit Galeria sollte das nächste große Handelsunternehmen folgen. „Die Entscheidung gegen uns kam sehr überraschend“, sagt Finger. Bis zuletzt hätten die Geschäftsleute daran geglaubt, dass sie den Zuschlag bekommen würden.

Von der Entscheidung enttäuscht

Vielleicht auch, weil ihre Konkurrenten die Chance auf den Kaufhauskonzern schon einmal hatten – und daran mit Bravour gescheitert sind: Der Mannheimer Unternehmer Beetz war von 2018 bis 2019 Aufsichtsratsvorsitzer von Kaufhof, der im selben Jahr noch mit Karstadt fusionierte. NRDC ist hingegen die Investmentgesellschaft des Investors Richard Baker, dem auch die Mehrheit an den Warenhausunternehmen Hudson Bay Company (HBC) gehört – und der über HBC bereits vier Jahre lang als Eigentümer von Kaufhof agierte.

HBC war es, der Kaufhof im Jahr 2019 an den damaligen Karstadt-Eigentümer René Benko und seine Signa-Gruppe verkaufte. Warum entschied sich Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus also für Beetz und Baker? „Wir haben intensiv mit zwei potentiellen Investoren verhandelt“, heißt es von Denkhaus. Das neue Konsortium habe „mit unternehmerischem Mut, einem tragfähigen Konzept und nachgewiesener finanzieller Solidität überzeugt“.

An einem passenden Konzept habe auch das Investorenpaar Finger und Brandstetter monatelang gefeilt. „Wir hatten eine neue Gestaltung des Sortiments geplant“, sagt Finger. Das Erdgeschoss und erste Obergeschoss des Warenhauses sollten mit dem neuen Warenmix genutzt werden. In den übrigen Obergeschossen sollten andere Einzelhändler aktiv werden, die momentan nicht in den Innenstädten vertreten sind. Darunter verstehen die Investoren zum Beispiel Möbelhäuser oder Baumärkte, die sich eher an den Stadträndern ansiedeln.

Nicht nur Finger und Brandstetter sollen von der Entscheidung enttäuscht sein. So sagt ein ehemaliges Betriebsratsmitglied der F.A.S., dass er „fassungslos und wütend“ sei. „Wie kann man jemanden mit ins Boot nehmen, der für HBC den damaligen Niedergang von Galeria Kaufhof mitzuverantworten hat?“ Und auch die Gewerkschaft Verdi reagiert zurückhaltend auf den neuen Eigentümer. „Wir begrüßen, dass offensichtlich ein finanzstarker Investor gefunden wurde, der Galeria als Ganzes erhalten will und über Kompetenz im Einzelhandel verfügt, wenngleich unsere Erfahrungen in der Vergangenheit durchaus zwiespältig waren“, heißt es.

Ein alter Bekannter

Schon im Jahr 2015 traten die Kanadier mit großen Zielen an: Sie wollten Kaufhof helfen, „besser zu werden als jemals zuvor“, sagten sie damals der F.A.Z. Doch statt Aufstieg setzte sich mit HBC der Niedergang von Kaufhof rasant fort, seit der Übernahme schrieb das Warenhaus rote Zahlen. Vor allem dass der kanadische Konzern die Kaufhof-Immobilien an eine Beteiligungsgesellschaft ausgliederte, an dem HBC die Mehrheit hielt, sorgte für Kritik. Die Mieten stiegen deutlich. Unter dem österreichischen Investor Benko wurde der Kurs so weitergeführt.

„Einer der Fehler der Vergangenheit war es, sich zu stark auf das Immobiliengeschäft und zu wenig auf das Handelsgeschäft zu fokussieren“, sagt auch Investor Finger. Als Außenstehende könnten sie den Unmut der Galeria-Mitarbeiter verstehen. Als Mitbieter wollten sie kein schlechtes Wort gegenüber dem neuen Eigner verlieren. Ob dessen Konzept auch funktionieren kann, wisse er nicht. Sowieso sei noch zu wenig darüber bekannt, was der Eigner mit Galeria vorhabe.

Ob Finger und Brandstetter mit ihrem Konzept erfolgreich gewesen wären, können sie nun nicht mehr beweisen. Bei einer Sache wären sie dem neuen Eigentümer aber durchaus ähnlich gewesen – auch sie hatten sich einen alten Weggefährten mit an Bord geholt: Helmut Merkel, der eine Zeit lang den damaligen Kaufhof-Konkurrenten Karstadt leitete.

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