Was die Hamas-Geiseln erzählen: "Manchmal gab es nichts zu essen"

Was die Hamas-Geiseln erzählen: “Manchmal gab es nichts zu essen”

Die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich bisher nicht. Das ist 50 Tage nach den Massakern am 7. Oktober und den brutalen Entführungen durch die Hamas die erste positive Nachricht, die Angehörige der am Wochenende freigelassenen Geiseln überbracht bekamen. Ihre Familienmitglieder waren am Leben, keine der freigelassenen Geiseln ist in der Gefangenschaft misshandelt worden, die meisten kehrten in zumindest gesundheitlich gutem Zustand zurück.

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Einzig die 84-jährige Elma Avraham liegt seit dem Ende ihrer Gefangenschaft im Krankenhaus. Ihre Tochter erhob am Montag schwere Vorwürfe – doch nicht etwa gegen die Hamas: “Meine Mutter wurde medizinisch im Stich gelassen. Mitarbeiter des Roten Kreuzes weigerten sich, ihr ihre Medikamente zu bringen. Sie kam mit einem Puls von 40 und einer Körpertemperatur von 28 Grad an, am Rande der Bewusstlosigkeit.”

Verschlechterte sich ihr Zustand wirklich erst beim Transport oder bereits in den Wochen zuvor? Eine Frage, die sich am Montag nicht klären ließ. Andere Geiseln berichten jedoch weitestgehend übereinstimmend von einer Gefangenschaft unter überraschend humanen Bedingungen – zumindest, soweit die Terroristen diese bereitstellen konnten.

Die dreijährige Yahel Shoham kam am Sonntag nach 50 Tagen in den Händen der frei. Gesundheitlich ist sie in gutem Zustand.

Das meiste, was über die Bedingungen in Hamas-Gefangenschaft bekannt ist, weiß die Welt von Yocheved Lipschitz. Die 85-Jährige war eine von vier US-israelischen Doppelstaatsbürgerinnen, die bereits Ende Oktober freigekommen waren. Die Terroristen hätten sie und die anderen Geiseln “gut behandelt”, berichtete sie damals.

85-jährige ehemalige Geisel: “Sie haben mich gut behandelt”

Ihre Geiselnehmer hätten sich bemüht, die Orte, an denen sie versteckt war, sauber zu halten. Einmal pro Woche sei ein palästinensischer Arzt zu den Geiseln gebracht worden, einige wären medizinisch versorgt worden. Zu essen gab es allerdings nicht viel. Nur eine Mahlzeit pro Tag – und immer dieselbe: Käse, Gurken und Pita-Brot. Mehr sei auch den Hamas-Kämpfern nicht geblieben, die hätten immer gemeinsam mit den Geiseln gegessen.

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Mehrfach hätten die Terroristen Lipschitz an andere Orte gebracht, dabei sei sie jedes Mal durch unterirdische Tunnel geführt worden, die „wie ein Spinnennetz“ unter Gaza-Stadt verlaufen. Lipschitz’ Eindrücke decken sich weitgehend mit den Beschreibungen der am Wochenende entlassenen Geiseln. Doch die hatten über ein Monat länger in Gefangenschaft verbracht. Eine Zeitspanne, die sich in einer solchen Situation quälend lange anfühlt.

Der Moment der Übergabe: Hamas-Kämpfer bringen am Sonntag mehrere Geiseln zu einem Auto des Roten Kreuzes.

Merav Raviv erzählte, ihre Tante und ihre Cousine hätten nur Brot und Reis zu essen bekommen und innerhalb von 50 Tagen jeweils sieben Kilo verloren. “Sie mussten auf zusammengestellten Reihen von Stühlen schlafen, in einem Raum, der aussah wie eine Empfangshalle”, so Raviv. “Es gab Tage, an denen es nichts zu essen gab. Sie mussten Stunden warten, um aufs Klo gehen zu können.”

Auch die Enkelin der 85-jährigen Yaffa Adar sagte, ihre Großmutter habe in den 50 Tagen stark abgenommen.

Manche der Geiseln wurden durchgehend unterirdisch festgehalten. Die 72-jährige Adina Moshe verbrachte ihrem Neffen Eyal Nouri zufolge fünfzig Tage im “Spinnennetz” unterhalb von Gaza-Stadt: “Sie musste sich erst wieder an das Tageslicht gewöhnen. Sie war wochenlang in dunklen Tunneln untergebracht, musste den Kopf die meiste Zeit gesenkt halten.”

Auch Hila Rotem-Schoschani, die ihren 13. Geburtstag in den Händen der Hamas erlebte, hat Probleme, sich an die wiedergewonnene Freiheit zu gewöhnen. “Sie zwangen sie, immer nur zu flüstern. 50 Tage lang. Ich muss sie jetzt ständig daran erinnern, dass sie laut sprechen darf”, berichtet ihr Onkel Yair Rotem.

Auf palästinensischer Seite  wurden  Häftlinge freigelassen – viele der Jugendlichen sind unter 18 Jahre alt.

Palästinenser feiern die Rückkehr von Häftlingen im Westjordanland

Auch im Westjordanland wurden Familien wiedervereint. Dort kamen erneut 39 Häftlinge aus israelischen Gefängnissen frei. Der Großteil sind Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren, die Jüngsten nur 14 Jahre alt. Einige von ihnen waren verurteilt worden, Mitglieder in terroristischen Vereinigungen zu sein. Doch: “Die meisten wurden festgehalten, weil sie Steine auf Siedler geworfen haben”, heißt es von der Hilfsorganisation Save the Children.

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Ein Teil der Ex-Häftlinge machte sich am Montag erneut strafbar. Sie feierten ihre Rückkehr mit großen Straßenfesten – Israels Kriegskabinett hatte das im Vorfeld verboten.

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