Bei Trump wird das Bargeld knapp

Nur 30 Tage hat Donald Zeit, um rund 450 Millionen Dollar aufzutreiben. Das jüngste Urteil aus New York schädigt die Geschäfte des ehemaligen US-Präsidenten.

bei trump wird das bargeld knapp

Donald Trump im Gerichtssaal in Manhattan am 15. Februar 2024 in New York.

Donald Trump ist ein notorischer Lügner. Er erfindet Anekdoten über Gespräche mit Staatspräsidenten, er schummelt beim Golfen, ja er übertreibt sogar die Grösse seiner Finger, über die im Wahlkampf 2016 das ganze Land lachte. Stets kam Trump damit durch, weil er einen Ruf als unterhaltsamer Politiker und erfolgreicher New Yorker Geschäftsmann pflegt.

Nun aber ist der frühere US-Präsident und Immobilienunternehmer über ein Märchen gestolpert, die er, seine Söhne Donald Junior und Eric sowie sein Finanzchef und sein Buchhalter in New York erzählten. Sie alle hätten günstige Kredite mit falschen Angaben erschlichen und damit mehr als 355 Millionen Dollar Gewinn erzielt, urteilte am Freitag Arthur Engoron, Richter am Supreme Court des Staats New York.

Nun dürfe Trump drei Jahre lang kein Unternehmen mehr führen in dem Staat, in dem er aufgewachsen ist und seine Karriere gemacht hat. Eine grössere Schmach gibt es nicht für den geltungssüchtigen Mann aus dem New Yorker Vorort Queens, der stets danach gestrebt hatte, zu den ganz Grossen drüben in Manhattan zu gehören. Ein Berufsverbot enthält das Urteil auch für seine zwei erwachsenen Söhne, und der Trump Organization werden eine pensionierte Richterin als Aufpasserin und ein unabhängiger Compliance-Chef zur Seite gestellt.

«The Art of the Steal»

Triumphierend sagte die New Yorker Staatsanwältin Letitia James, Donald Trump habe wohl das Buch «The Art of the Deal» geschrieben, am besten aber beherrsche er «The Art of the Steal», nicht die Kunst des Handels, sondern des Diebstahls. Die 355 Millionen Dollar unrechtmässigen Gewinn muss Donald Trump laut dem Urteil an den Staat New York abliefern. Hinzu kommen Zinsen, berechnet ab dem Jahr 2019, als die Staatsanwältin ihre Zivilklage eingereicht hatte. Insgesamt muss er damit 450 Millionen Dollar zahlen – zusätzlich zu den total 88 Millionen Dollar Entschädigung, die er der Autorin E. Jean Carroll schuldet, weil er sie in den 1990er-Jahren sexuell missbraucht habe, Folgen zweier früherer Zivilprozesse.

Das sind beträchtliche Summen, selbst für einen Mann, dessen Immobilienportfolio auf einen Wert von über 2 Milliarden Dollar geschätzt wird; so genau weiss das gerade nach dem jüngsten Urteil niemand mehr. Trump hat zwar bereits angekündigt, das erstinstanzliche Urteil anzufechten. Trotzdem muss er innert 30 Tagen das Geld hinterlegen oder einen Geldgeber finden, der die hohe Summe absichert – üblicherweise gegen eine Gebühr von 10 Prozent. Da leert sich selbst die dicke Brieftasche eines New Yorker Baulöwen rasch. Er hatte in dem Prozess behauptet, er halte 400 Millionen Dollar flüssiges Guthaben; die Staatsanwältin fand 93 Millionen Dollar.

Ins Geld gehen auch die Anwaltsgebühren des Favoriten unter den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, der sich in mehreren Zivilprozessen und vier Strafverfahren verteidigen muss. 2023 zahlte er mehr als 50 Millionen Dollar an seine Juristen. Das Geld entnahm er seinen Wahlkampfkassen, die deswegen zu schrumpfen begannen, obwohl er viele Spenden erhält von seinen Fans, nicht wenige von solchen, die sich das Geld vom Mund absparen. Und Trump steht erst am Beginn eines Präsidentschaftswahlkampfs, der der bisher teuerste in der Geschichte der Vereinigten Staaten zu werden verspricht. Er muss ihn unbedingt gewinnen, weil er als Präsident die zwei Strafverfahren auf Bundesebene blockieren könnte. Die Geldknappheit ist einer der Gründe dafür, warum er seinen Kampagnenberater Chris LaCivita und seine Schwiegertochter Lara Trump an die Spitze des nationalen Parteikomitees setzen will: Das garantiert direkten Zugriff auch auf die Spendenkassen der Partei.

Muss Trump Immobilien abstossen?

Bereits gehen Spekulationen um, Trump werde auch eines seiner Hochhäuser, eines seiner Hotels oder einige Golfclubs verkaufen müssen, um liquid zu bleiben. Dabei dürfte er eher nicht jene Preise erhalten, die er, seine Söhne sowie Finanzchef Allen Weisselberg und Buchhalter Jeffrey McConney jahrelang in Finanzunterlagen eingetragen hatten.

2787 Quadratmeter gross sei Trumps dreistöckige Luxuswohnung im Turm an der noblen Fifth Avenue, der den Familiennamen trägt, hatten sie etwa jahrelang behauptet, wenn sie finanzielle Sicherheiten für Kredite hinterlegen mussten. Als Donald Trump 2016 US-Präsident wurde, forschte die Zeitschrift Forbes nach. Da flog auf, dass die Wohnung 1021 Quadratmeter gross war, immer noch ein wenig opulenter als eine Studentenbude, aber auch fast dreimal kleiner als auf den Formularen für die Banken stand.

bei trump wird das bargeld knapp

Immer wieder versammeln sich vor dem Trump Tower in New York Demonstranten, wie hier am 31. März 2023.

Ähnliche Beispiele fand Staatsanwältin Letitia James viele, und Richter Engoron führt sie in dem Urteil vom Freitag fein säuberlich auf. Das Anwesen Seven Springs ausserhalb von New York: achtfach überbewertet. Das Trump Building an der Wall Street: um gegen 100 Millionen Dollar zu hoch eingeschätzt. Trump Park Avenue: um das Siebenfache übertrieben. Das Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach: Von ein paar Millionen auf über 700 Millionen aufgeblasen, Faktor 26.

Dank der frisierten Zahlen erhielt Trump Kredite zu besseren Konditionen, und damit habe er fette Gewinne eingestrichen, urteilte Engoron am Freitag. 127 Millionen Dollar Erlös habe er beispielsweise beim Verkauf des alten Postgebäudes und früheren Trump Hotels erzielt, in Washington unweit des Weissen Hauses gelegen. Je 4 Millionen Dollar verdienten seine Söhne Eric und Donald Junior sowie Tochter Ivanka dabei. Fast all dieses Geld will Richter Engoron nun einziehen, weil Trump als auch seine Söhne für die falschen Finanzunterlagen verantwortlich gewesen seien. Nur Tochter Ivanka kommt ungeschoren davon.

Keine Reue oder Gewissensbisse

Geschädigte traten in dem Prozess zwar keine auf, weil es keine gab. Sämtliche Geldgeber, darunter auch die Deutsche Bank, lobten den prominenten Kunden, der Zinsen und Kredite stets pünktlich bedient habe. Ein New Yorker Gesetz aus den 1950er-Jahren erlaubt es der Staatsanwältin des amerikanischen Gliedstaats dennoch, betrügerische Geschäftsleute in Zivilprozessen anzuklagen. Dabei gilt nicht die Strafrechtsmaxime «im Zweifel für den Angeklagten», die für einen Schuldspruch ein einstimmiges Urteil eines Geschworenengerichts verlangt.

Richter Engoron konnte im Alleingang bewerten, ob die Mehrheit der Beweise auf ein betrügerisches Verhalten hindeuteten. «New York ist die Finanzhauptstadt des Landes und eine der Finanzhauptstädte der Welt», begründete der Richter. Diesen Status schütze das Gesetz, indem es betrügerische Geschäftemacherei verbiete. «Donald Trump ist kein Bernard Madoff», heisst es in dem Urteil. Doch Trump sei «unfähig, seine Fehler zuzugeben», schreibt der Richter, obwohl die Betrügereien offensichtlich und schockierend seien: «Der absolute Mangel an Reue und Gewissensbissen grenzt an Krankhaftigkeit.»

Beleidigt nahm Donald Trump zu dem Urteil Stellung vor seinem Anwesen Mar-a-Lago, das «50 bis 60-mal mehr wert» sei, als Richter Engoron gesagt habe. Ihn beschimpfte Trump als «betrügerisch», «unehrlich» und «korrupt», ebenso Staatsanwältin Letitia James. Der Prozess sei ein Versuch, die Wahlen zu beeinflussen, er sei von Joe Biden angeordnet worden, behauptete Trump, der sehr genau weiss, dass der US-Präsident keinerlei Weisungsbefugnisse hat gegenüber einer Staatsanwältin und einem Richter des Gliedstaats New York. Ebenso gut dürfte er wissen, dass er log, als er sagte, das New Yorker Gesetz sei in seinem Fall das erste Mal angewendet worden. Auch grosse Unternehmen wie der Ölkonzern Exxon oder die Schweizer Grossbank UBS wurden schon mit Klagen deswegen konfrontiert – wie auch Donald Trump selbst, der die früheren Verfahren aber mit einem Vergleich beendete, bevor es zu einem Urteil kam.

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