Nach der Jositsch-Schlappe – folgt jetzt der Austritt aus der SP?

Die SP-Fraktion hat Daniel Jositsch nicht aufs Ticket für die Nachfolge von Alain Berset gesetzt. Muss man jetzt mit einem Austritt Jositschs aus der SP rechnen?

In der Bevölkerung ist Daniel Jositsch beliebt. Bei den diesjährigen Ständeratswahlen erreichte er schweizweit das beste Ergebnis. Auch ausserhalb seiner Partei erhält der SPler Zuspruch. Von seiner eigenen Fraktion hingegen wurde er vergangenes Wochenende abgestraft – wohl für seine Sprengkandidatur bei den Bundesratsersatzwahlen vom letzten Jahr. Bei der Abstimmung darüber, wer es aufs diesjährige Ticket schafft, erhielt Jositsch gerade einmal vier von 49 Stimmen.

Beobachter schliessen nicht aus, dass Jositsch die Konsequenzen zieht und aus der SP austritt. Er selbst lässt diesbezügliche Anfragen von 20 Minuten unbeantwortet. Politologe Thomas Milic meint dazu: «Das Ergebnis ist für Jositsch natürlich eine herbe Enttäuschung.» Ob ein Parteiwechsel für Jositschs politische Karriere sinnvoll wäre, sei schwierig zu sagen. Das hänge von den Ambitionen ab, die Jositsch noch habe.

Politologe: «Könnte sein, dass GLP zum Auffangbecken für unzufriedene SPler wird»

«Ständerat ist er ja schon. Als weiterer Karriereschritt kommt deshalb nur noch das Amt des Bundesrats infrage. In der SP wird er dieses Ziel jetzt sicher nicht mehr erreichen», sagt Politologe Milic. Aber auch in einer anderen Partei dürfte dies schwer werden, erst recht, wenn diese Partei, wie die GLP, von ihrer Wählerstärke her keinen Anspruch auf einen Bundesratssitz geltend machen könne.

Auszuschliessen ist ein Wechsel Jositschs in die GLP nicht. Und er wäre damit nicht allein: Mit Chantal Galladé und dem damaligen Nationalrat Daniel Frei sind 2019 zwei bekannte Namen von den Sozialdemokraten zur GLP übergelaufen. «Es könnte durchaus sein, dass die GLP je länger, je mehr zum Auffangbecken für Unzufriedene der SP wird», sagt denn auch Milic. Im sozialliberalen Flügel der SP rumore es schon seit einiger Zeit. «Einige von ihnen können sich mit der Linie des Juso-Flügels kaum mehr identifizieren.»

Galladé: «Andere Meinungen werden nicht toleriert»

Galladé, ehemalige Partnerin von Daniel Jositsch, kritisiert die Partei für deren Verhalten gegenüber ihrem Ex-Partner scharf. «Wer von der stramm linken Parteilinie in sozialliberale Positionen abweicht, wird abgestraft», sagt sie zu 20 Minuten. Sie sei nicht die einzige Person, die das von der SP zu spüren bekommen habe. «Andere Meinungen werden nicht goutiert und toleriert», führt Galladé weiter aus. Genau so sei es auch Daniel Jositsch ergangen.

Wenn SP Grünen-Bundesrat unterstützt, könnten Jositschs Chancen steigen

Dass Jositsch dem SP-Ticket zum Trotz von den anderen Parteien als Nachfolger Bersets gewählt wird, ist theoretisch möglich. Die Abgeordneten sind nicht dazu verpflichtet, innerhalb des Tickets zu wählen – wenn auch dies der Regelfall ist. Zum jetzigen Zeitpunkt hält Politologe Milic eine Wahl Jositschs für unwahrscheinlich.

Spannend werden die Wahlen am 13. Dezember laut Milic trotzdem: «Unterstützt die SP den Angriff der Grünen auf einen der FDP-Sitze, könnten die Bürgerlichen das als Regelverstoss betrachten. Dann sehen sie sich womöglich selbst berechtigt, ausserhalb des SP-Tickets zu wählen, und Jositschs Chancen auf eine Wahl steigen.» Die SP-Abgeordneten müssen sich laut Milic also gut überlegen, wie sie sich in den ersten fünf Wahlgängen verhalten wollen.